„Wir haben nicht das Ende des Prozes­ses sondern ein erstes, wichtiges Etappen­ziel erreicht“

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Integration

Integrations­strategie I: Bei Präsentation erhalten das Strategie­papier wie der Beteiligungs­prozess viel Lob von Experten / „Integration wird gelingen“

Integrationsstrategie I: Bei Präsentation erhalten das Strategiepapier wie der Beteiligungsprozess viel Lob von Experten / „Integration wird gelingen“

Der Beigeordnete beim Deutschen Landkreistag in Berlin, Dr. Kay Ruge, verglich die Aufgabe mit einem Marathon, „bei dem wir lediglich einen ersten Sprint erfolgreich hinter uns gebracht haben“. Landrat Burkhard Albers sprach davon, dass „wir nicht das Ende des Prozesses sondern ein erstes, wichtiges Etappenziel erreicht haben“. Beide plädierten dafür, Geduld und Zuversicht zu bewahren, wenn es um die Integration jener Menschen geht, die in den letzten zirka 30 Monaten nach Deutschland gekommen sind. Dass dabei eine breit aufgestellte, nachhaltige Integrationsstrategie, wie sie vom Rheingau-Taunus-Kreis am Mittwoch in Geisenheim präsentiert wurde, überaus hilfreich sein wird, bestätigten alle Redner und sparten dabei nicht mit Lob für den Rheingau-Taunus-Kreis.

Am 18. Mai hatte sich der Landkreis auf den Weg gemacht, in einem breit aufgestellten, transparenten und offen Prozess unter Beteiligung der Bevölkerung eine Integrationsstrategie zu erarbeiten. Fünf Foren, acht Workshop-Sitzungen und sechs Monate später liegen die Ideen, Vorschläge und Projekte in einem gebündelten Papier vor und dokumentiert es, mit welch großen persönlichen Einsatz sich Menschen aus den unterschiedlichsten Institutionen, Behörden, Wirtschaftskammern, die Integrationslotsinnen, aber auch Privatleute an die Arbeit gemacht haben, um Integration im Kreis zu ermöglichen. Albers: „Weit über 160 Personen fühlten sich von der Idee, einen Beteiligungsprozess anzustoßen, angesprochen und brachten ihre Vorstellungen und Erfahrungen ein.“

Der „Katalog der vorgeschlagenen Maßnahmen und Projekte“ liegt nun vor. Jetzt geht es auf die zweite Etappe, in die Umsetzung, und dafür hat der Landrat 50.000 Euro im Haushalt 2017 festgeschrieben, den er am 6. Dezember in den Kreistag einbringt. Und so versprach Albers den etwa 170 Anwesenden auch: „Der Maßnahmenkatalog wird auf keinen Fall in der Schublade verschwinden.“ Dass Integration im Kreis gelingen kann, dafür sei er als gebürtiger Höxter das beste Beispiel, so Albers.

Dass Integration im ländlichen Raum viel besser klappen kann, das steht für Dr. Kay Ruge vom DLT fest. In diesen Tagen veröffentlicht der DLT ein Buch für das in 18 Landkreisen (darunter der Rheingau-Taunus-Kreis) bundesweit Interviews zu Projekten und Maßnahmen zur Integration geführt wurden. „Die Leistung der Landkreise auf diesem Gebiet wird ganz oft verkannt, dass belegen unsere Befragungen“, so Ruge. „Es war eine Herkulesaufgabe im Jahr 2015 die Flüchtlinge aufzunehmen und unterzubringen – das ist uns sehr gelungen.“ Nun kristallisierten sich neue Handlungsfelder heraus, die nach besser verzahnt werden müssen. Benötigt werde eine professionelle Kompetenzfeststellung, um berufliche Fähigkeiten der Flüchtlinge zu erkennen. Ganz wichtig: Ganzheitliche Konzepte zum Spracherwerb. Wohnraum müsse schnell geschaffen werden.

Wie Kay Ruge weiter betonte, dürften die genannten Handlungsfelder nicht wie auf einer Kette aufgereiht sein, um nacheinander abgearbeitet zu werden. Es bedürfe vielmehr einer engen Verzahnung. „Wir lernen voneinander in den Landkreisen und so lautet mein Fazit: Integration wird gelingen!“ Ruge lobte aber auch den transparenten Beteiligungsprozess zur Entwicklung der Integrationsstrategie, der im DLT- Buch auch als Best-Practices-Beispiel hervorgehoben wurde. „Einen so breit aufgestellten Prozess mit vielen Bürgerinnen und Bürger haben wir ganz selten.“ Die Akteure waren eingebunden, was den Mehrwert des Papiers sehr steigert.

Ein wichtiges Element der Integrationsstrategie ist für Dr. Kay Ruge zudem die gesamtgesellschaftliche Ausrichtung. „Integration im Kreis bedeutet, die Menschen am Rand der Gesellschaft, Menschen mit Migrationshintergrund und die Flüchtlinge mit auf den Weg zu nehmen. Es werden nicht Deutsche gegen Flüchtlinge und umgekehrt ausgespielt, sondern es geht um Gemeinsamkeit.“ Das seien sicherlich eine Besonderheit und ein Alleinstellungsmerkmal für den Rheingau-Taunus-Kreis.

Der Geisenheimer Bürgermeister Frank Kilian wies in seinem Grußwort auf das unermüdliche Engagement der Ehrenamtlichen hin, die die Flüchtlinge betreuten und ihnen beim Einleben helfen. „Ohne diese sehr wertvolle Arbeit der Ehrenamtliche in den einzelnen Kommunen können wir diese Aufgabe nicht leisten. Dieses ehrenamtliche Engagement für unsere Gesellschaft ist unbezahlbar“, so Kilian, der auch auf Integrations- und Inklusionsprojekt in der Hochschul-Stadt Geisenheim einging. Kilian ging aber auch auf die finanziellen Belastungen für die Kommunen ein, die etwa durch die Anmietung von Gebäuden entstehen. Kilian fordert: „Der Bund muss zu seinen Versprechungen stehen und für die Mehrausgaben aufkommen.“

Moderiert wurde die Präsentation in Geisenheim in gewohnt exzellenter Weise von Derya Can von der Imap GmbH. Imap begleitete viele Landkreise und Kommunen bei der Entwicklung von Integrations-Konzepten. Ihr Fazit: „Niemand hat es in sechs Monaten geschafft. Respekt und Anerkennung für die Leistung, den offen Beteiligungsprozess und den Arbeitseifer!“

Landrat Albers im Gespräch mit Kay Ruge und Dr. Lale Akgün. Links Moderatorin Derya Can.