"Wie finde ich den passenden Azubi?"

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"Wie finde ich den passenden Azubi?"

Auftaktveranstaltung "Reblaus": Die Suche nach dem geeigneten Bewerber wird komplizierter / Referentin Carmen Nagel: Neue Wege gehen



Welcher junge Bewerber passt in meinen

"Wie finde ich den passenden Azubi?"

Auftaktveranstaltung "Reblaus": Die Suche nach dem geeigneten Bewerber wird komplizierter / Referentin Carmen Nagel: Neue Wege gehen

Welcher junge Bewerber passt in meinen Betrieb? Wie ticken Jugendliche von heute eigentlich? Und zu welchem Typ innerhalb der Einstufungen gehört die gegenübersitzende Kandidatin denn nun? Zu den Hipsern? Oder ist er eher der Materialistische Hedonist oder doch der Adaptiv-Pragmatische? Die Suche nach dem passenden Auszubildenden wird für Betriebe derzeit immer komplizierter und arbeitsintensiver. "Nicht nur wegen der Folgen des Demografischen Wandels und dem deutlichen Geburtenrückgang", wie Landrat Burkhard Albers gleich zu Beginn der "Kick-off-Veranstaltung" von "Reblaus", dem "Rheingauer Projekt zur Erhöhung des Ausbildungsplatzangebotes sowie Beratung junger Leute und Ausbildungsbetriebe zur Verbesserung des Ausbildungsumfeldes und Stärkung des regionalen Ausbildungsmarktes" betont. Auch die Jugendlichen selbst verändern sich immer mehr, stellen neue Anforderungen an den Ausbildungsplatz.

"'Reblaus' hat also gleich zwei Betätigungsfelder", sagt Katja Rüther-Reese vom Projektteam. Einmal stehen Jugendliche unter 25 Jahre im Fokus, die bisher keine berufliche Ausbildung vorweisen können oder nach dem Abschluss der Lehre über Jahre arbeitslos waren. Gleichzeitig will "Reblaus" ein Ausbildungsmarketing im Rheingau aufbauen, um Jugendliche passgenauer in ganz bestimmte Ausbildungsberufe schicken zu können. Rüther-Reese: "Dazu brauchen wir die Unterstützung der Betriebe, die Chefs und die Ausbildungsleiter, um ein solches Ausbildungsmarketing mit ihnen zusammen zu installieren."

Und dass es dieser Gemeinschaftsaktion bedarf und die gewollt ist, kristallisierte sich im Laufe des Abends immer deutlicher heraus. Ob nun in dem Vortrag von Carmen Nagel, aber vor allem in ihren Gesprächen mit Stefan Dries von der Bäckerei Dries, mit Klemens Stiebler von Hotel- und Gaststättenverband und mit Winzer Hampel. Denn noch immer gibt es zu oft unterschiedliche Erwartungen an und von einem Ausbildungsberuf. So liegt die Abbrecher-Quote in der Gastronomie bei knapp 38 Prozent, was Klemens Stiebler zu einem Eingeständnis veranlasst: "Wir haben in der Vergangenheit zu oft und zu schnell Azubis als vollwertige Arbeitskräfte eingesetzt und dies damit überfordert."

Stefan Dries weiß aus Erfahrung, dass Schulnoten und soziale Herkunft nicht immer entscheidend sein müssen. So habe er manche Talente ferner aller schlechten Schulnoten entdeckt. Einem als Flüchtling nach Deutschland gekommenen jungen Mann habe sein Unternehmen eine Chance zur Ausbildung gegeben. Dries: "Inzwischen wurde der junge Mann zum Bäcker-Meister ausgerufen - eine Erfolgsgeschichte." Zudem bietet der Betrieb ein Programm "Ausbildung plus" an, mit dem Anreize für die jungen Bäcker-Lehrlinge gesetzt werden.

Immer größere Bedeutung, so Dries und Nagel unisono, erhalte auch die Unternehmensmarke. Handwerksbetriebe mit einem eigenen Profil und einem eigenen Slogan stünden bei Jugendlichen hoch im Kurs. Mit Stolz wollten sie auf den Ausbilder verweisen können, so die einhellige Meinung.

Für Carmen Nagel ist auch ein weiterer Aspekt von großer Bedeutung: "Wer junge Leute für sein Unternehmen gewinnen will, der muss auch deren Sprache reden." Deshalb sollten die Chefs auch einmal einen Auszubildenden über die Homepage des Unternehmens schauen lassen. "Gerade wenn es um die Seite mit der Ausschreibung für Ausbildungsplätze geht." Wer bei der Azubi-Suche gar auf die Social Medias setzt, sollte dann auch den Mut haben, die Gestaltung einen Azubi vornehmen zu lassen. "Denn die wissen, wie ihre Altersgenossen ticken!"

Zudem stünden Give-aways bei Jugendlichen hoch im Kurs. Der Kugelschreiber mit dem Firmenlogo werde dann unter Freunden verteilt und "mit Stolz tragen viele auch außerhalb der Arbeitszeit das T-Shirt mit dem Firmennamen". Und schließlich riet Carmen Nagel den anwesenden Unternehmern aus dem Rheingau auch, es mit dem "Kindergarten-Marketing" zu versuchen. "Holen Sie Kindergartengruppen oder Grundschulklassen in die Backstube, es wird sich positiv auszahlen", so die Referentin: "Viele der Kinder wollen danach Bäcker werden." Und Carmen Nagel weiter: "Ein Häuslebauer aus meiner Nähe hatte eine ähnliche Idee mit gleichem Erfolg. Er nahm die Kinder einmal in der Woche mit zur Baustelle und erläuterte ihnen den Fortgang des Baues - die Kinder dort wollen nun alle Häuslebauer werden."

In der abschließenden Diskussion wurde deutlich, das Ausbildungsmarketing wird benötigt. Davon können beide Seiten - Jugendliche und die Betriebe - profitieren. "Jugendliche, die genauer wissen, was sie in einem Ausbildungsberuf erwartet, die nicht mit vollkommen falschen Vorstellungen kommen, werden die Flinte nicht so rasch ins Korn werfen", so das Fazit eines Teilnehmers. Es müsse weiterhin das Ziel sein, die Jugendarbeitslosigkeit auf null zu senken und damit dafür zu sorgen, dass alle Jugendliche eine passende Ausbildung finden.