„Unsere Ärzte gewinnen Zeit für ihre Patienten“

|

Gesundheit

AG „Selbst­bestimmtes Leben – so lange wie möglich“ weist auf Chancen der Digitali­sierung hin / Televisite des St. Josefs-Hospitals wird auch bei Haus­ärzten positiv aufgenommen

AG „Selbstbestimmtes Leben – so lange wie möglich“ weist auf Chancen der Digitalisierung hin / Televisite des St. Josefs-Hospitals wird auch bei Hausärzten positiv aufgenommen

Videokonferenzen statt zeitraubender Fahrten von einem zum anderen Krankenhaus-Standort, das IPad als „technischer Mittler“ zwischen Hausarzt und seiner geschulten Assistentin, die gerade bei einem Patienten in dessen Wohnung die Wundbehandlung vornimmt. Was sich nach einer Vision anhört, ist im Rheingau bereits gut funktionierende Realität; eingeführt vom Krankenhausverbund des Josefs-Hospital. Zu dem gehören die Kliniken in Wiesbaden und Rüdesheim am Rhein sowie das Otto-Fricke-Krankenhaus in Bad Schwalbach. „Wir können nicht an jedem der drei Standorte Spezialisten vorhalten, weswegen wir nach neuen Wegen der Vernetzung im digitalen Zeitalter gesucht haben“, berichtete Jens Gabriel, Leiter des Rüdesheimer Krankenhauses: „Geboren wurde die Televisite; zunächst als Videokonferenz für unsere Ärzte in den drei Krankenhäusern, jetzt auch in einer Zusammenarbeit mit 18 Arztpraxen im Rheingau.“

Im Rahmen der Veranstaltung „Demografie-Dialog“ mit dem Titel „Vernetzt! Verbunden! Versorgt? – Smart Home und Telemedizin – Chancen und Grenzen der Digitalisierung“ der AG „Selbstbestimmtes Leben – so lange wie möglich“ referierte der Klinikleiter über die bisherigen positiven Erfahrungen mit der Televisite. Die Videokonferenz ermöglicht es, dass die Ärzte des Klinikverbundes live Krankheitsbilder eines Patienten anschauen, über Befunde und Röntgenbilder sprechen und die Spezialisten ihre medizinischen Diagnosen unterbreiten – ohne von Rüdesheim nach Wiesbaden und wieder zurück fahren zu müssen.

Vorteile hat das System aber auch für Arztpraxen im Rheingau. Ärzte müssen etwa bei chronischen oder langwierigen Wundbehandlungen nicht mehr jeden Patienten einzelnen aufsuchen. Die nichtärztliche Assistentin übernimmt dies. „Ist sie sich unsicher, weil es etwa Rötungen an der Wunden gibt, kontaktiert sie den Hausarzt via IPad, hat der wiederum Fragen, kann er sich direkt ins Krankenhaus-System einschalten, wo er weitere ärztliche Meinung einholen kann“, erläutert Jens Gabriel und: „Dadurch gewinnt der Hausarzt Zeit für seine anderen Patienten.“ Laut dem Klinikleiter will der Verbund das System auf Pflegeheime und ambulante Pflegedienste ausweiten. Gabriel: „Wir stellen unsere Technik. Den Patienten entstehen keine Kosten.“

Die Vorteile liegen für den Klinikleiter auf der Hand: Fahrten zwischen den Krankenhäusern für die Ärzte, unnötige Krankenhaus-Einweisungen, Belastungen für Angehörige, die die Patienten zum Krankenhaus oder zum Hausarzt transportieren, fallen weg. „Unsere Ärzte gewinnen Zeit für ihre Patienten“, sagte Gabriel und weiter: „Wir arbeiten ständig an der Weiterentwicklung des Systems. Zudem weitet sich unser Angebot an die Externen aus, was neue Organisationsstrukturen erfordert. Anfragen von Ärzten sind sofort zu beantworten.“ Eine Ausweitung des Angebotes auch auf Hausärzte im Untertaunus steht Jens Gabriel positiv gegenüber.

Neben der Televisite stand auch das „Smart Home“, das „intelligente Heim“ im Fokus der Arbeitsgruppe „Selbstbestimmtes Leben – so lange wie möglich“, die im Kreishaus zu Beginn des Jahrzehntes im Rahmen der Debatte um den Demografischen Wandel gegründet wurde. „Wir wollen Menschen aus allen Genrationen Möglichkeiten zeigen, wie sie im Alter möglichst lange in ihrer gewohnten Umgebung leben können“, betonten Landrat Frank Kilian und die Leiterin der AG, Elke Jörg-Pieper. „Schon frühzeitig intensiv darüber nachdenken, wie ich mein Haus, meine Wohnung so bauen kann, dass ich auch im Alter ohne Probleme in meinen eigenen vier Wänden bleiben kann“, ergänzte Fachdienstleiterin „Soziales“, Andrea Horne.

Dazu stellte Thomas Barth vom ESWE Energie Center intelligente Wohnungssteuerungen, die von Licht- und Wärmesteuerung bis zum Schutz vor Einbrüchen bis zum Thema „Fürsorge“ reichen. Vielen Menschen steuern via App heute schon Licht und Heizung in einer Wohnung. Doch wie funktioniert der Schutz vor Einbrüchen? Kontakte an den Fenstern lösen sofort Alarm, wenn sich ein Einbrecher daran zu schaffen macht, berichtete Barth. „Kann jemand von außen auf das System zugreifen?“, fragt einer der 70 Interessierten. Barth: „Dann gibt es von der App sofort eine sogenannte Sabotagemeldung auf ihr Handy.“

Oft leben Senioren alleine in einer Wohnung, weil die Angehörigen berufstätig sind. Dafür entwickelten die Techniker Möglichkeiten der Benachrichtigung. „Mittels der App wird den Angehörigen mitgeteilt, ob der Vater, der immer um 7 Uhr aufsteht und sich fünf Minuten später beispielsweise die Kaffeemaschine anstellt, diesen Lebensrhythmus einhält“, so Barth. Nach einer Zeitspanne setzt das System dann einen Hinweis aufs Handy ab, dass dieser Vorgang nicht erfolgt ist. „Auf die Meldung kann der Angehörige dann reagieren. Des Weiteren gibt es intelligente Produkte, die etwa darauf reagieren, wenn eine Haustür offensteht oder eine Person Hilfe benötigt. Barth lieferte abschließend auch Zahlen, was solche intelligenten Geräte kosten.

Dr. Michael Rössler, Landrat Frank Kilian, Jens Gabriel (Leiter St. Josefs-Hospital Rüdesheim)

Die Vorteile der Televisite haben Landrat Frank Kilian, der Leiter des St. Josefs-Hospitals in Rüdesheim, Jens Gabriel (rechts), und Dr. Michael Rössler fest im Blick.