„Uns wird früh­zeitig Verant­wortung über­tragen“

Michelbacher Schreinerei „Formvoll“ erhielt die Auszeichnung „Top Ausbilder“ / Menschlich und sozial

Bisher warb die Schreinerei „Formvoll“ in Aarbergen-Michelbach mit dem Slogan „Ökologische Möbel in harmonischem Design“. Nun kann sie einen Zusatz anbringen: Sie ist nämlich „Top-Ausbilder“ im Kreis, gekürt von einer Jury des Bündnisses für den Mittelstand, in der neben Landrat Burkhard Albers der Geschäftsführer der IHK-Wiesbaden, Dr. Klaus Schröter, Bernhard Mundschenk, Stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer, und der Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft, Wiesbaden-Rheingau-Taunus, Mirjam Abraham sitzen. Inhaber Jürgen Kallisch und Ehefrau Ursula konnte am Mittwoch die Auszeichnung in Empfang nehmen und waren dabei sichtlich begeistert über die Ehrung.

Und zum Lob von Landrat Albers und Bernhard Mundschenk kam dann noch das der drei Azubis, die in der Schreinerei „Formvoll“ aktuell das Handwerk erlernen. „Uns wird schon frühzeitig Verantwortung übertragen“, berichtet Azubi Niklas und erntet dann zweifaches und freudiges Kopfnicken von seinen beiden Mitstreitern. „Statt die Halle auszufegen, wie es in anderen Betrieben der Fall ist, dürfen wir schon im ersten Lehrjahr an die Maschinen und sind so voll in den Betriebsablauf integriert“, ergänzt der Azubi. Sie werden gefragt und um ihre Meinung gebeten. So machen die Lehrjahre noch mehr Spaß und als Dreingabe gibt es noch ein besonderes Lob: „Im Betrieb geht es sehr familiär zu“.

Dies war auch ein wichtiger Punkt für die Jury bei der Vergabe der Auszeichnung. „Menschlich und sozial“ geht es in der Schreinerei zu. „Junge Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens aufwuchsen, finden hier die notwendige Unterstützung und die notwendige Aufmerksamkeit“, betont Landrat Albers in seiner Laudatio und erinnert damit auch an den beruflichen Werdegang von Jürgen Kallisch. Der 57-jährige hatte nämlich zwei Jahre die Leitung der Schreinereiwerkstatt im Therapiedorf „Villa Lilly“ inne, ehe er sich 2001 in Michelbach mit seinem Betrieb selbstständig machte. Einer 50-jährigen Frau gab er einmal einen Ausbildungsplatz und war mehr als stolz über die Prüfungsergebnisse. Einem jungen Mann gab Jürgen Kallisch einst eine zweite Chance. Der hatte die Lehre geschmissen und war „vom normalen (Lebens)-Weg“ abgekommen. Als er sich gefangen hatte, in der Schreinerei nachfragte, gaben die Kallischs ihm eine zweite Chance. „Die hat er dann auch genutzt!“

Die Leistung der Handwerksbetriebe würdigte Bernhard Mundschenk. Jeder wisse, dass gerade Inhaberbetriebe „ein Sieben-Tage-Job“ sind. Man sei rund um die Uhr im Einsatz. Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer: „Es ist eine ganz wichtige Leistung der vielen Betriebe des Handwerkes, dass Betriebe wie die Schreinerei ‚Formvoll‘ jedes Jahr junge Menschen ausbilden.“ Es gebe aber bereits jetzt einen Azubi-Mangel, was Bernhard Mundschenk als „eine fatale Tendenz“ bezeichnete. Leider zöge es immer mehr junge Menschen in die Universitäten, statt eine Ausbildung in einem Handwerksbetrieb anzustreben.

Anschließend führten Jürgen und Ursula Kallisch die Gäste durch den Betrieb. Angetan waren sie vor allem von Jürgen Kallischs Meisterstück – im wahrsten Sinne des Wortes – dem runden, aus Holz vorwiegend angefertigtem Doppelbett „Lovetime“. Aber auch das zirka drei Meter hohes Trojanische Pferd – hergestellt für ein griechisches Restaurant – erhaschte sehr viel Aufmerksamkeit. Ebenso wie an vielen weiteren Ausstellungsstücken zeigt sich die Kreativität von Jürgen Kallisch, der viele Möbelstücke selbst erdenkt und in Holz umsetzt. Ob es nun ein ungewöhnlicher Wickeltisch mit versenkbarer Leiter für eine Kita ist oder verschlungene Regale oder eine spezielle Bank - Jürgen Kallisch und sein Team erdenken die Lösung und verwirklichen ihren Idee.

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Landrat Burkhard Albers überreicht dem Ehepaar Kallisch die Auszeichnung als „Top-Ausbilder“.


Landrat Burkhard Albers (2. von rechts) überreicht dem Ehepaar Kallisch (Mitte) die Auszeichnung als „Top-Ausbilder“. Es gratulieren Dr. Klaus Schröter, Mirjam Abraham und Bernhard Mundschenk.

Große Beachtung der Gäste fand das Meisterstück von Jürgen Kallisch, das Doppelbett im Ausstellungsraum.