Unabhängigkeit und Neutralität sind die Säulen des Pflegestützpunktes

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Soziales

Jürgen Aurand verlässt nach fast zehn Jahren die Beratungsstelle im Kreishaus / Einrichtung hat sich bewährt

Jürgen Aurand verlässt nach fast zehn Jahren die Beratungsstelle im Kreishaus / Einrichtung hat sich bewährt
 
Die Einrichtung des Pflegestützpunktes im Kreishaus erlebte Jürgen Aurand gemeinsam mit seiner Kollegin Petra Nägler-Daniel vor etwa zehn Jahren hautnah mit. Nun geht Aurand in Ruhestand und zieht Bilanz. „Das in Hessen gewählte Konstrukt für den Pflegestützpunkt hat sich bewährt“, betont Aurand. Unabhängigkeit und Neutralität sind die Säulen, auf denen der Stützpunkt in Hessen steht. Aurand: „Es war ein neuer Weg, auf den sich die Pflege- und Krankenkassen in Hessen damals einigten, wobei der IKK classic im Rheingau-Taunus-Kreis die Federführung zufiel. Gemeinsam mit dem Kreis übernahm die IKK classic die Trägerschaft für den Pflegestützpunkt anschließend.“ Dieses Konstrukt ermöglicht eine neutrale und unabhängige Beratung jener Menschen, die sich an die Pflegestützpunkt-Mitarbeiter wenden. „Menschen, die zum Beispiel im Alter pflegebedürftig werden und nun Rat suchen, wie es mit ihnen weitergeht, ebenso wie deren Angehörige wünschen sich eine objektive Beratung und Hilfestellung von uns“, betont Jürgen Aurand.
 
Schließlich ist die Gesetzgebung im Pflegebereich fließend, gibt es immer wieder Veränderungen. Da bedarf es neutraler Experten, die dem Laien durch den Gesetzesdschungel helfen, ihm Begriffe erläutern, wenn es beispielsweise um die Einstufung in die Pflegegrade geht. Im Jahr 2017 erfolgte die „große Reform im Pflegebereich“. Aurand: „Wie definiert sich die Höhe der Selbstständigkeit eines älteren Menschen bei der Begutachtung? Wie kommt die Bewertung zustande? Wie grenzen sich selbstständige Tätigkeiten gegen andere ab? Kann der ältere Mensch seinen Alltag noch ohne Hilfe bewältigen? Kann er seine Körperpflege selbst vornehmen oder gibt es Einschränkungen in der Motorik?“
 
Da greift der Pflegestützpunkt ein und unterstützt laut seiner Definition: „Der Pflegestützpunkt soll Menschen mit Unterstützungs- und Pflegebedarf, Angehörigen oder Menschen mit Behinderung umfassende Informationen und Hilfe rund um das Thema Pflege geben sowie als Netzwerk für betreuungs- und versorgungsrelevante Dienste und Leistungen zur Verfügung stehen.“ In der Praxis bedeutet dies: „Wir nehmen uns die Zeit und lesen die Entscheidungen und das Gutachten einer Pflegekasse zur Einstufung in den jeweiligen Pflegegrad genau durch und erläutern in aller Ruhe den Betroffenen unsere Auffassung dazu“, sagt Jürgen Aurand. Diese beratende Tätigkeit ist für ihn enorm wichtig, damit die Ratsuchenden ein umfassendes Bild über Hilfeangebote im Alltag und über die Pflege- und Rehabilitationsmöglichkeiten erhalten.
 
Mit einem Schmunzeln erinnert er sich noch an die Anfangszeiten: „Petra Nägler-Daniel, die aus dem Pflegebereich kam und eine absolute Expertin ist, und ich sind von Gemeinde zu Gemeinde gefahren, um den Pflegestützpunkt und seine Aufgaben bekannt zu machen. Nicht überall empfing man uns mit offenen Armen. Ganz im Gegenteil, vielerorts war die Skepsis groß, wurden wir als Konkurrenz zu bestehenden Einrichtungen gesehen.“ Letztlich kam die Einrichtung des Pflegestützpunktes in Hessen aber gerade noch zum richtigen Zeitpunkt. „Den Familienverband, der unter einem Dach wohnt und lebt, gibt es so nicht mehr. Deshalb stellt sich in vielen Familien die Frage, wer betreut die pflegebedürftige Mutter oder Vater, während wir arbeiten gehen müssen“, bekennt der Fachmann. Und wem sich diese Frage stellt, der wendet sich an den Pflegestützpunkt Rheingau-Taunus: „Wir sind stark frequentiert.“
 
Der „alte Hase aus dem Sozialamt“, der immer gerne Beratungen durchführte, und die junge Pflegefachkraft fanden schnell zusammen und bildeten ein perfektes Duo. Zumal beide die Pflege- und Wohnberatung kombinierten. Dabei geht es darum, Menschen das Wohnen in der gewohnten Umgebung so lange wie möglich zu gewährleisten, aber auch Hinweise zu geben, wie ein Haus oder eine Wohnung altersgerecht umgebaut werden kann.  „Wie kann ich mein Bad barrierefrei gestalten?“, nennt Aurand ein Beispiel für eine mögliche Beratung.
 
Ein Manko gibt es aber doch: „Der Pflegestützpunkt ist bekannt und doch wieder nicht:“ Für Jürgen Aurand stellt diese Aussage keinen Widerspruch dar. „Wir sind bei jenen bekannt und auch geschätzt, die unsere Beratungsdienste in Anspruch nehmen. Bürgerinnen und Bürger, die sich nicht mit dem Thema Pflege von Familienmitgliedern beschäftigen müssen, wissen dagegen oft nichts von der Existenz und den Angeboten des Pflegestützpunktes.“ Da muss noch viel Öffentlichkeitsarbeit betrieben werden, sagt Jürgen Aurand, der nach 38 Jahren im Dienst der Kreisverwaltung des Rheingau-Taunus-Kreises nun in den wohlverdienten Ruhestand geht: „Als ehrenamtlicher Mitarbeiter bleibe ich dem Arbeitskreis Selbstständiges Leben erhalten!“