Stellungnahme von Landrat Frank Kilian zur: „Gemein­same Erklärung der Bürger­meister: Abschaffung der Straßen­baubeiträge durch das Land“

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Allgemeines

Bürgerinitiative „Geisen­heim gegen Straßenbeiträge“ erhält Stellung­nahme zu offenem Brief

Landrat Frank Kilian hat Gregor Erbenich und den Mitstreitern der Bürgerinitiative „Geisenheim gegen Straßenbeiträge“ folgende Stellungnahme zu dem offenen Brief zum Thema „Gemeinsame Erklärung der Bürgermeister: Abschaffung der Straßenbaubeiträge durch das Land“ zukommen lassen. Landrat Kilian schreibt:

„Für die Übersendung Ihres Schreibens danke ich Ihnen. Da Sie dieses als offenen Brief verfasst haben erlaube ich mir, auch die örtliche Presse und die Herren Bürgermeister der kreisangehörigen Städte und Gemeinden über meine nachfolgende Antwort ebenfalls zu informieren.
 
Die Frage nach der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen beschäftigt die Kommunen und deren Bürgerinnen und Bürger seit vielen Jahren. Wie Ihnen schon aus der gemeinsamen Erklärung der Bürgermeister bekannt ist, hat nicht zuletzt die zwingende Konsolidierungspflicht im Nachgang der Finanzkrise mit ihren erheblichen negativen Auswirkungen auf die kommunalen Haushalte dazu geführt, dass in vielen – wenn nicht sogar den meisten – Städten und Gemeinden solche Beitragssatzungen erlassen worden sind. Durch die Beschlusslage des Hessischen Landtags ist es nun wiederum den Kommunen grundsätzlich freigestellt, solche Gebühren zu erheben.
 
Die Erklärung der Bürgermeister werte ich dabei entschieden nicht als den Versuch der Kollegen, sich aus der „Schusslinie“ zu nehmen oder gar nur Gemüter zu beruhigen. Denn neben der Adressierung an die Hessische Landesregierung spricht schon die kommunalpolitische Aufgabenaufteilung gegen eine Alleinverantwortung der Bürgermeister. In Anwendung dieses Satzungsrechtes – das naturgemäß eng verknüpft ist mit der kommunalen Haushaltsaufstellung und dessen Beschluss – stehen vorrangig die jeweiligen Stadtverordnetenversammlungen und Gemeindevertretungen in ihrer Entscheidungsverantwortung. In einigen Kommunen haben sich daher die dortigen Mandatsträgerinnen und Mandatsträger bereits unlängst mit diesem Thema beschäftigt. Dabei ist festzuhalten, dass die Art der Regelung (grundsätzliches "Ob" der Erhebung, Aufteilung in prozentuale Anteile, die durch die Anlieger zu tragen sind etc.) sehr vielfältig ist. Klar zu erkennen ist dabei, dass nicht zuletzt die Steuer- und Finanzstärke und der Grad der kommunalen Abundanz einen offensichtlich großen Einfluss auf die Ausgestaltung dieses Satzungsrechtes hat. Von einer Gleichbehandlung mit dem Ziel gleiche bzw. gleichwertige Verhältnisse im Rheingau-Taunus-Kreis oder im Land Hessen zu schaffen, kann in der Tat nicht die Rede sein.
 
In meiner eigenen Bewertung dieses Sachverhaltes muss ich eine weitere Gerechtigkeitslücke konstatieren. So ist es für mich ebenfalls nicht mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar, wenn bspw. die Anlieger eines Straßenzuges mit zum Teil finanziell erheblichen Eigenbeiträgen belastet werden, aufgrund einer nachfolgenden Aufhebung dieser Satzung aber erneut bspw. über eine anzuhebende Grundsteuer B zusätzlich an späteren (anderen) Ausbaukosten beteiligt werden. Da realistischerweise, da haushaltsunterjährig, nicht von sofortigen Aufhebungen der örtlichen Beitragssatzungen auszugehen ist, wären hiervon voraussichtlich auch nicht wenige Ihrer Aktiven betroffen. Dieses Gerechtigkeitsproblem – das sehe ich unumwunden ein – haben weder die Bürgermeisterkollegen noch die örtlichen Mandatstragenden zu verantworten. Dies ist ebenfalls Konsequenz der Vorgaben aus Wiesbaden.
 
Sie fragen nun an, wie es konkret mit der Erklärung und den darin geschilderten Forderungen weitergeht. Ohne die Wirkung der erfolgten Erklärung sowie Ihr Engagement auf die Hessische Landesregierung und die Landtagsfraktionen abschließend beurteilen zu können, ist es nun mein Anliegen, die Gremien des Rheingau-Taunus-Kreises (Kreisausschuss, Ausschüsse, Kreistag am 18. Juni 2019) mit dem Thema zu befassen. Eine wirkmächtige Forderung aus unserem Landkreis wird vor allem dann in Wiesbaden Gehör finden, wenn sie möglichst konzertiert oder am besten sogar einstimmig durch das höchste Gremium des Landkreises, dem Kreistag, gestellt wird.
 
Da sieben der die Ausgangs-Erklärung unterzeichnenden Bürgermeister ebenfalls derzeit Mitglieder des Kreistags sind und nach meiner Einschätzung ein starkes politisches Gewicht in ihren jeweiligen Fraktionen einnehmen, bin ich zuversichtlich, dass der Kreistag hierzu eine klare Positionierung finden wird. Mit dieser habe ich sodann vor, auch den Schulterschluss mit den anderen Landrätinnen und Landräten in Hessen über den Hessischen Landkreistag zu finden.  
 
Unabhängig hiervon möchte ich Ihnen anraten, sofern nicht bereits geschehen, auch die gewählten Mitglieder des Hessischen Landtages aus den hiesigen Wahlkreisen von Ihren Vorstellungen und Ideen zu unterrichten.“