Sicherheit geht vor

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Prävention

Referentin Dolores Burkert klärt über steigende Gewalt und wachsende Bedrohung im öffentlichen Dienst auf

Referentin Dolores Burkert klärt über steigende Gewalt und wachsende Bedrohung im öffentlichen Dienst auf

Ob verbale Attacken, ernstgemeinte Drohgebärden oder gar körperliche Angriffe – immer öfter sehen sich Beschäftigte des öffentlichen Dienstes mit Auseinandersetzungen wütender Bürger konfrontiert. Dies bestätigt eine Studie der Deutschen Beamtenbund-Jugend Nordrhein-Westfalen (dbb jugend NRW) aus dem Jahr 2019, nach der 46 Prozent aller Beschäftigen im öffentlichen Dienst bereits mehrfach im Rahmen ihrer Tätigkeit angegriffen wurden – Tendenz steigend. Aus diesem Grund hat der Präventionsrat des Rheingau-Taunus-Kreises das Thema „Steigende Gewalt und wachsende Bedrohung im öffentlichen Dienst“ auf die Agenda gesetzt und zu einer Video-Konferenz geladen, bei der auch Vertreter der Städte und Gemeinden aus dem Kreisgebiet teilnahmen.

Referentin Dolores Burkert, Leiterin des Zentrums für Kriminalprävention und Sicherheit der Stadt Köln, berichtete von der Bandbreite der tagtäglichen Übergriffe im Kölner Einsatzgebiet, die von wüsten Beschimpfungen über sexuelle Belästigungen bis hin zu schwerwiegenden Körperverletzungen mit Todesfolge reicht. „Leider gibt es keine zentrale Erfassung oder eine breit angelegte Studie über die Entwicklung solcher Fallzahlen“, erklärt Burkert und weist darauf hin, dass so mancher Fall vielleicht hätte verhindert werden können, wenn ein zentrales Meldesystem über bereits auffällig gewordene Personen, von denen eine Gefahr ausgehen könnte, gewarnt hätte.

Nicht selten stellt sich nämlich heraus, dass hinter verschiedenen Angriffen ein und derselbe Täter steckt. Aus diesem Grund hat die Stadt Köln ein digitales Konzept entwickelt, aus dem ein zentrales Melde- und Auskunftssystem mit dem Namen ZeMAG entstanden ist, in dem alle Beschäftigten der Stadt Köln einen Vorfall melden und daraufhin weitere Schritte eingeleitet werden können. Dies hat den Vorteil, dass ämterübergreifend Informationen ausgetauscht werden und somit auf Gefahrensituationen schon im Vorfeld präventiv aufmerksam gemacht wird.
„Wir erfassen nun mit diesem System seit zwei Jahren die in Köln auftretenden qualitätsgesicherten Fälle und können somit ganz klar eine steigende Tendenz der Fallzahlen belegen“, so Burkert.

Zum Sicherheitskonzept gehört mit der Einführung des ZeMAG-Systems auch der sogenannte „Stille Alarm“, durch den akut Bedrohte unmittelbar Hilfe anfordern können. Außerdem wird das Sicherheitskonzept noch unterstützt durch individuelle Seminar-Angebote für die Beschäftigten, beispielsweise ein Sicherheitsmanagement für Führungskräfte oder sogenannte Eigenschutzseminare. Hier werden Beschäftigte für Notfälle sensibilisiert, in denen Eskalationskonzepte ausgeschöpft sind und es darum geht, sich aus einer brenzligen Situation in Sicherheit zu bringen.

„Kleinigkeiten in der Verhaltensweise können bei Übergriffen entscheidend sein“, betont Burkert. „Wie stelle ich mich bei einem Hausbesuch in den Raum, um mich einer Angriffssituation bestmöglich entziehen zu können? Wie verhalte ich mich auf dem Weg zum Arbeitsplatz oder in Parkhäusern? Wo bieten sich Fluchtwege, wo lauern Gefahren rund um den Schreibtisch? Ist man sich diesen Details bewusst, kann man die eigene Ausgangslage optimieren. Auch Seminare, in denen der Umgang mit Messerangriffen trainiert wird, erfahren derzeit eine starke Nachfrage.“

Wenngleich die Gefahrenlage in einer Großstadt wie Köln nur bedingt mit der in einer kommunalen Kreisverwaltung zu vergleichen ist, so lieferte das Konzept aus Köln doch zahlreiche Punkte zum Thema Prävention und Sicherheit, die nachahmenswert sind. Das bekräftigt auch Frank Kilian, Landrat des Rheingau-Taunus-Kreises. Denn auch der Rheingau-Taunus-Kreis erfährt an vielen Stellen seiner Verwaltung, wie sich nicht erst seit der Corona-Pandemie die Tonlage in Kommentaren, Bitten und Forderungen an die Kreisverwaltung verändert hat und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Herabsetzungen, Verunglimpfungen und auch mit körperlicher Gewalt konfrontiert werden.

Dabei werden Grenzen überschritten, die nicht hinnehmbar sind. „Das Konzept der Stadt Köln bietet Anregungen, die für unsere Arbeitsgemeinschaft Sicherheit, die derzeit ein Konzept zur Prävention und Sicherheit erarbeitet, interessant sind. Es ist wichtig, sowohl hausintern weitere Vorkehrungen zu treffen, aber auch über Seminare und Workshops den Beschäftigten Hilfsmöglichkeiten an die Hand zu geben, wie sie sich in prekären Situationen am besten verhalten“, betont Landrat Kilian.