„Quartiersentwicklung als eine Antwort auf den demografischen Wandel“

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Soziales

Torsten Anstädt referiert im Kreishaus über Chancen der Ausgestaltung von Lebensräumen / Eigenständige und lebenswerte Lebensführung für alle Menschen in einem attraktiven Wohnort ermöglichen

Torsten Anstädt referiert im Kreishaus über Chancen der Ausgestaltung von Lebensräumen / Eigenständige und lebenswerte Lebensführung für alle Menschen in einem attraktiven Wohnort ermöglichen

„Wie kann unsere Gesellschaft dem Demografischen Wandel Herr werden, der Fakt ist?“, fragt die Leiterin des Fachdienstes Soziales der Kreisverwaltung in Bad Schwalbach, Andrea Horne, zu Beginn des Workshops via Videoübertragung in die Runde. Denn Fakt ist für Andrea Horne, dass die deutsche Gesellschaft erstens immer älter wird und zweitens schon seit Jahren einen akuten Mangel an Fachkräften in den verschiedenen Berufsbranchen – vor allem im Bereich der Pflege – verzeichnet. „Wir brauchen deshalb zukunftsfähige Lösungen und neue Formen des Zusammenlebens in unseren Wohnorten“, ergänzt Elke Jörg-Pieper von der Altenhilfeplanung. Dem stimmt Torsten Anstädt zu, der Gründer der HumaQ Institut gGmbH in Wiesbaden, und als „Quartiersmanager“ tätig ist: „Quartiersentwicklung ist eine mögliche Antwort auf den demografischen Wandel.“

Andrea Horne und Elke Jörg-Pieper gaben den Impuls für diesen Workshop per Videoschalte, zu dem unter anderen die Kommunen des Kreises, Projektträger sowie die Leitungen der Mehrgenerationenhäuser eingeladen waren. Die Resonanz war überaus positiv: Den Kommunen brennt das Thema auf den Nägeln. „An Konzepten und Projekten, die bereits sehr erfolgreich laufen, mangelt es im In- und Ausland nicht, versichert Referent Torsten Anstädt sogleich.

„An unsere Lebensräume werden im Zeitalter des Demografischen Wandels – unter Berücksichtigung von individuellen Bedürfnissen und von örtlichen Rahmenbedingungen – ganz neue Anforderungen gestellt. Ziel ist, ein eigenständige und lebenswerte Lebensführung für alle Menschen an diesem attraktiven Wohnort zu ermöglichen“, betont Andrea Horne. „Bedingung für die Quartiersentwicklung ist jedoch, dass das Konzept von der Basis kommen muss. Die Menschen vor Ort müssen sagen, welche Vorstellungen und Ideen sie von ihrem Quartier haben“, so Anstädt.

Laut dem Referenten kann ein „Quartier“ ein Dorf, ein Stadtviertel, ein Straßenzug, ein Ortsteil oder auch ein Wohnkomplex sein. Es ist ein sozialer Lebensraum, in dem Menschen, Einrichtungen und Organisationen vor Ort zusammenwirken, um die Rahmenbedingungen für die Gemeinschaft und den Einzelnen zu verbessern und neu zu denken. Zu den Kernzielen – am Beispiel einer „Quartiers-Pflege – zählt für Torsten Anstädt, „Strukturen von Unterstützungs-, Pflege- und Beratungsangeboten zu schaffen, die den jeweiligen Bedürfnissen der Bewohner entsprechen“. Das große Ziel ist dabei, ein gleichberechtigtes und selbstbestimmtes Leben – über alle Generationen hinweg – zu ermöglichen.

„Durch die Individuelle Gestaltung, durch die Setzung von Prioritäten und die Festlegung von Kriterien kann ein Quartier sein ganz eigenes Gesicht, seine eigene Geschichte und seine eigenen Perspektiven erhalten“, beschreibt Andrea Horne die Möglichkeiten. Der Ansatz bleibt dabei gleich: „Es geht, darum etwa die Vereinsamung von älteren Menschen zu verhindern, dem Quartier einen Mittelpunkt zu geben, in dem sich Jung und Alt treffen können, der Anlaufstelle für ganz unterschiedliche Angebote sein kann und der dafür sorgt, dass Netzwerke durch das gesamte Quartier aufgebaut werden können.“ „In Holland gibt es einen sehr erfolgreichen mobilen Pflegedienst (Buurtzorg), der in den Quartieren arbeitet. Als Konsequenz werden längere Fahrten durch die Kommunen vermieden, wodurch mehr Zeit für den einzelnen Patienten bleibt“, erzählt Anstädt und weiter: „Das Pflegepersonal kommt zum Patienten und eine der ersten Frage lautet immer: Kennen Sie Ihren Nachbarn? Wird die Frage verneint, dann stellt der Mitarbeitende den Kontakt zu den Nachbarn her. So entstehen Verbindungen und Beziehungen unter den Menschen eines Quartiers.“

Das ist eines von vielen positiven Beispielen, wie eine – in diesem Fall altersgerechte – Quartiersentwicklung aussehen kann. So gibt es beispielsweise Teilhabe-, sozialintegrative-, medizinisch-pflegerische-, Inklusions- und auch Dienstleistungsquartiere. Über die Ausrichtung und die Schwerpunkte können die Menschen vor Ort entscheiden. Torsten Anstädt und sein Team haben dafür ein 4-Phasenmodell bestehend aus 15 Bausteinen ausgearbeitet.

Der Workshop wurde gut angenommen und es stellte sich heraus, dass es in den einzelnen Kommunen schon viele Ansätze gibt, die der Kreis mit weiteren Veranstaltungen unterstützen möchte.