Mit demenzerkrankten Menschen auf Augenhöhe

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Soziales

Pflegestützpunkt Rheingau-Taunus will den Weg zu einer demenzfreundlichen Gesellschaft aufzeigen



Zum Thementag "Demenz im Alltag" hatte der Pflegestützpunkt Rheingau-Taunus-Kreis Mitarbeiterinnen und Mitarbeit

Pflegestützpunkt Rheingau-Taunus will den Weg zu einer demenzfreundlichen Gesellschaft aufzeigen

Zum Thementag "Demenz im Alltag" hatte der Pflegestützpunkt Rheingau-Taunus-Kreis Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Bürgerbüros- und Einwohnermeldeämtern der Städte und Gemeinden sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger aus den Nachbarschaftshilfen des Kreises eingeladen. Für Jürgen Aurand, im Pflegestützpunkt für Beratung und Koordination zuständig, ist diese Veranstaltung der Auftakt zur Entwicklung einer demenzfreundlichen Gesellschaft im Rheingau-Taunus-Kreis.

Aurand: "Bereits heute erleben rund die Hälfte der Menschen ihren 80. Geburtstag." Diese erfreuliche demografische Entwicklung führt aber auch dazu, dass immer mehr Menschen an Demenz erkranken werden. Diese Menschen sind auf ein soziales Umfeld angewiesen, das sie auffängt und eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht. In der Gestaltung dieses Umfelds kommt dem Engagement von Kommunen und den einzelnen Bürgerinnen und Bürgern eine hohe Bedeutung zu. "Um die Lebensbedingungen für Menschen mit Demenz zu verbessern und einen Bewusstseinswandel anzuregen, soll über die Erkrankung und den Umgang mit den Betroffenen informiert werden", so der Mitarbeiter des Pflegestützpunktes.

Der Themeneinstieg gelang mit dem Film "Hilflos beim Einkauf", der im Rahmen des Projektes "Allein lebende Demenzkranke - Schulung in der Kommune" der Deutschen Alzheimer Gesellschaft entstanden ist. In der von Filmwissenschaftler Günther Wagner moderierten anschließenden Diskussion wurde schnell deutlich, dass der Begriff Demenz in der Gesellschaft negativ besetzt ist und zu einer gewissen Stigmatisierung führt. Die einhellige Forderung aller Anwesenden lautet, dass dafür Sorge getragen werden muss, das Thema in der Öffentlichkeit zu enttabuisieren. "Wir müssen mit den an Demenz erkrankten Menschen auf Augenhöhe kommen", so Stephan Hoffmann, Leitender Fachberater der Alzheimer Gesellschaft Wiesbaden.

Praktische Beispiele erläuterte Gerlinde Rothenhöfer, die gemeinsam mit ihrem Mann im Jahr 2000 das Alten- und Pflegeheim Haus Sonnenhof in Idstein-Oberrod aufgebaut hat und leitet. Dort setzt man unter anderem auch auf den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinde, in der zwei Drittel der Bevölkerung älter als 60 Jahre sind. Mit Veranstaltungen im Sonnenhof, die für alle offen sind, fördert man den Dialog und das Verständnis für die Menschen mit Demenz. Pflegende Angehörige erhalten Informationen zum Umgang mit der Erkrankung und sind so oftmals länger in der Lage, Betroffene zuhause in ihrem gewohnten Umfeld zu betreuen. Aber auch kurzfristige Hilfe erfahren die Angehörigen hier, denn: "Wenn Hilfe benötigt wird, dann wird sie jetzt - und nicht später, morgen oder nächste Woche - gebraucht", so Rothenhöfer.

Elke Prämaßing berichtete von Projekten der Demenzfreundlichen Kommune Simmern im Hunsrück. So wird hier unter anderem ein begleitetes Wandern mit Hund angeboten. "Da unsere meist ländlichen Bewohner den Umgang mit Tieren aus ihrer Biografie kennen, ist es für sie ein interessantes Projekt, Mensch und Tier in der Natur zu erleben. Hierbei entstehen Emotionen von Freude, Wohlbefinden und Spaß. Sie erhalten eine Wertschätzung und Anerkennung durch die Tiere", so Prämaßing. Unter der Projektleitung des Pflegestützpunktes Simmern gibt es Mitmachangebote für Betroffene sowie Kommunikationsschulungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung und interessierte Bürgerinnen und Bürger. Alle angebotenen Projekte sollen exemplarisch aufzeigen, wie sich Menschen ohne Demenz und mit Demenz begegnen können. Die Grundbedürfnisse des täglichen Lebens stehen hier im Mittelpunkt.

Besonders das Angebot von Kommunikationsschulungen stieß bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Thementages auf breites Interesse. Weitere Informationen hierzu gibt es beim Pflegestützpunkt Rheingau-Taunus, Jürgen Aurand, Tel.: 06124-510527.

Demenz ist im Begriff, zu einer großen sozialen und humanitären Herausforderung für das Gemeinwesen zu werden. Die Unterstützung von Menschen mit Demenz, die Wertschätzung ihrer Ressourcen und Fähigkeiten sowie ihre Integration in das öffentliche Leben sind wichtige gesamtgesellschaftliche Aufgaben. Gefragt ist partnerschaftliches Engagement sowie die Bildung von Netzwerken und Teilung der Verantwortung zwischen Staat, Kommunen, Hauptamtlichen, Freiwilligen und allen Bürgerinnen und Bürgern. Nur so kann es gelingen, gemeinsam neue Wege zu finden, damit Menschen mit und ohne Demenz in zugewandten und unterstützenden Gemeinschaften gut miteinander leben können.