„Mein Körper hat einfach funktioniert, ohne dass ich groß nachgedacht habe“

|

Ehrungen

Leben gerettet: Öffentliche Belobigung für Sandra und Frank Friedrichs sowie Wiltrud Kirschner / Dieter Kirschner reanimiert

Leben gerettet: Öffentliche Belobigung für Sandra und Frank Friedrichs sowie Wiltrud Kirschner / Dieter Kirschner reanimiert

Die Stimmung ist gelöst und ausgelassen. Die Helau-Schreie tönen über den Elsässer Platz an diesem 11. Februar 2018. Am Rand der angrenzenden Straßen stehen bereits zahlreiche feierlustige, fröhliche und kostümierte Menschen, die sich auf das Kommende einstimmen. Denn in wenigen Minuten soll sich der Fastnachtsumzug mit vielen Fußgruppen, Motivwagen und Musikzügen langsam in Bewegung setzen; der traditionelle Höhepunkt der Fastnachtskampagne in Wiesbaden. Mit dabei sind auch Sandra Friedrichs und ihr Ehemann Frank, die gute Stimmung haben, aber auch konzentriert sind. Beide sollen für den Verein Funkrettungsdienst Wiesbaden die Sicherung der Strecken übernehmen und so den Umzug begleiten. Gleichzeitig sind beide ehrenamtliche Sanitäter. Plötzlich schaut Sandra Friedrichs auf eine Szene in unmittelbarer Nähe. Es liegt ein Mann am Boden, eine Frau versucht ihn zu reanimieren.

Wiltrud Kirschner und ihr Ehemann Dieter gehören zum Fanfarenzug Reichensachsen in Nordhessen. Der soll – wie andere Musikzüge - für die musikalische Umrahmung sorgen. Seit vielen Jahren sind der Erste Vorsitzende Dieter und Ehefrau Wiltrud in Wiesbaden mit dabei. Der Fanfarenzug will sich gerade formieren. Wiltrud Kirschner: „Aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, dass mein Mann sich bückte und nach etwas im Bollerwagen griff. Ich sah noch sein blasses Gesicht und plötzlich fiel er wie eine Feder zurück.“ Wiltrud Kirschner reagiert instinktiv, fasst nach dem Kopf ihres Ehemannes. Sie erkennt sofort, dass es sich um einen Herzinfarkt handeln muss und beginnt mit den ersten Reanimationsmaßnahmen, ehe sie von der Sanitäterin Sandra Friedrichs und ihrem Mann Frank, die in Niedernhausen wohnen, abgelöst wird. Fünf Minuten führt Sandra Friedrichs die Maßnahmen durch – bis der Notarztwagen den Ort erreicht. Dieter Kirschner überlebt.

Weil Sandra und Frank Friedrichs sowie Wiltrud Kirschner in dieser äußerst prekären Notsituation umsichtig und klug gehandelt haben und somit das Leben von Dieter Kirschner retteten, erhielten sie nun aus den Händen von Landrat Kilian – im Auftrag von Ministerpräsidenten Volker Bouffier – eine öffentliche Belobigung. „Wer in einer solchen lebensbedrohlichen Situationen statt nur wegzusehen, zu gaffen oder - noch schlimmer - die Situation mit dem Handy zu filmen, stattdessen beherzt handelt, der hat eine solche Ehrung verdient“, würdigte Landrat Kilian das rasche und sehr kompetente Einschreiten der drei Personen.

„Ich habe die Szene gesehen und gar nicht lange nachgedacht. Mein Körper hat einfach funktioniert. Jede Aktion erfolgte ganz automatisch. Ich muss durchhalten, war mein einziger Gedanke in diesen fünf Minuten bis der Notarztwagen eintraf“, beschreibt die ehrenamtliche Sanitäterin diese ganz entscheidenden Momente. Sie beginnt mit der Herzdruckmassage. Es folgt abwechselnd die Mund-zu-Mund-Beatmung des Patienten ... und sie hat Erfolg!

Sandra Friedrichs: „Natürlich nehmen wir regelmäßig an Fortbildungen teil, um für den Ernstfall vorbereitet zu sein.“ Und ihr Ehemann, der bereits in der Jugend beim Maltestern Hilfsdienst Mitglied ist, ergänzt: „Es kommt nicht so oft vor, dass wir als ehrenamtliche Sanitäter in die Lage kommen, einen Menschen reanimieren zu müssen.“ Gerade deshalb ist der umsichtige und erfolgreiche Einsatz des Ehepaars Friedrichs noch höher einzuschätzen. Frank Kilian: „Wenn wir die gesamten Umstände betrachten, ein Fastnachtssonntag, der allen viel Spaß bringen soll. Dann von einer Sekunde auf die nächste wird aus einer ausgelassenen, fröhlichen Stimmung eine ernste, lebensbedrohliche Situation. Nur dann kann man bemessen, welche herausragende Leistung das Ehepaar Friedrichs und Frau Kirschner in diesem dramatischen Moment erbracht haben.“ Sie haben sich bravourös verhalten, von dem einen auf den anderen Moment vollkommen richtig reagiert.

Der Vorfall ließ Sandra Friedrichs in den Tagen nach dem 11. Februar nicht los: „Ich habe nachgeforscht und über den Vereinsnamen stießen wir auf Dieter Kirschner und seine Frau.“ Zu einer ersten Dankesfeier mit dem genesenen Dieter Kirschner trafen sich die Beteiligten in Wehretal, der Heimat der Kirschners. „Inzwischen sind wir Freunde“, sagt Wiltrud Kirschner, dessen Sohn Tim daraufhin die öffentliche Belobigung in der hessischen Staatskanzlei anregte. Nun erfolgte die Überreichung der Urkunden durch Landrat Frank Kilian. Leider konnte Dieter Kirschner aus gesundheitlichen Gründen nicht an der kleinen Feierstunde im Kreishaus in Bad Schwalbach teilnehmen. „Unsere Gesellschaft benötigt Menschen wie Wiltrud Kirschner, Sandra und Frank Friedrichs, die handeln, wenn sie eine verunglückte Person sehen, die dringend Hilfe benötigt. Wir dürfen nicht wegschauen, sollten wenigstens einen Rettungswagen alarmieren. Dadurch können Leben gerettet werden“, betont Landrat Frank Kilian.

Foto:
Landrat Frank Kilian überreicht die Urkunden der öffentlichen Belobigung Wiltrud Kirschner, Frank und Sandra Friedrichs (von links). Rechts: Tim Kirschner, der die Belobigung in der hessischen Staatskanzlei anregte.

Landrat Frank Kilian überreicht die Urkunden der öffentlichen Belobigung Wiltrud Kirschner, Frank und Sandra Friedrichs (von links).