Kompetente Beratung aus einer Hand an einem Ort

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Soziales

Das Kompetenzzentrum Pflege befindet sich im Aufbau / Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen Angebote und Hilfe unterbreiten

Das Kompetenzzentrum Pflege befindet sich im Aufbau / Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen Angebote und Hilfe unterbreiten

„Viele Familien geraten in die Situation, in der plötzlich beispielsweise Mutter oder Vater zu einem Pflegefall werden“, betont Fachdienstleiterin Soziales, Andrea Horne. „Eine solche Situation trifft viele unvorbereitet, weil natürlich nur ungern frühzeitig über das sensible Thema ‚Älterwerden und Pflege‘ in der Gesellschaft gesprochen wird“, ergänzt Elke Jörg-Pieper von der Altenplanung der Kreisverwaltung: „Viele stehen dann zunächst hilflos vor der „gigantischen Matrix der Gesetze, Verordnungen und Antragsformulare“ und suchen verzweifelt nach einer Anlaufstelle mit einer kompetenten Beratung.“ Pflegebedürftige wie deren Angehörige fühlen sich von der Fülle an Institutionen, Gesetzen, Änderungen und Neuerungen wie von dem (fast) undurchschaubaren Procedere um Einstufungen in Pflegegrade „überrollt“. Wegen dieser Komplexität der Materie, der Unübersichtlichkeit von Vorgaben und der Fülle an geschilderten Situationen gleicht der Bereich „Pflege“ einem schier undurchdringbaren Dschungel, durch den sich die Betroffenen „mit einer Machete“ den Weg bahnen müssen, wie es Experten formulieren.

„Ganz so schlimm ist es noch nicht. Wir wissen um die Komplexität und als Konsequenz aus den gewonnenen Erkenntnissen, dass wir die Beratungsangebote und die Unterstützung der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen neu aufstellen müssen “, berichtet Andrea Horne. Dies geschieht in Form des Aufbaus eines Kompetenzzentrums Pflege, für das der Kreistag auf Antrag der CDU-Fraktion im August 2020 seine Zustimmung erteilte. In der Sitzung am 29. Juni 2021 legte die Verwaltung einen ersten Sachstandbericht über die Entwicklung des Modellprojektes „Individuelles Case-Management (Fall-Management) und Ausbau der Vernetzung im Pflegestützpunkt sowie zur Etablierung eines Kompetenzzentrums Pflege“ vor. Für das individuelle Case-Management erhält der Kreis Fördermittel des Landes Hessen und ist einer von drei Modellregionen. Start ist der 1. August 2021.

Das Kompetenzzentrum soll Beratung durch Fortbildungsangebote – u.a. für Ehrenamtliche und pflegende Angehörige – anbieten. Darüber hinaus werden Erfahrungsräume zum Aufstellen von Hilfsmitteln aber auch zum Ausprobieren von Endgeräten benötigt.

Elke Jörg-Pieper: „Die sehr detaillierte Beratung aus einer Hand und an einem Ort sowie eine kompetente ‚Lotsenfunktion‘ stehen nun im Mittelpunkt der Tätigkeit, um Pflegebedürftige wie Angehörige durch den beschriebenen Dschungel zu geleiten. Den Betroffenen steht ein Ansprechpartner zur Seite, der ihnen passgenaue Angebote unterbreitet und bei der Umsetzung, etwa den Gesprächen mit Institutionen und Trägern, behilflich ist.“ Wie dies in der Praxis aussehen kann, beschreibt Andrea Horne. „Wir kennen solche Situationen: Eine Ehefrau pflegt ihren Mann im eigenen Haus. Nun muss sie ins Krankenhaus. Die Angehörigen stehen plötzlich vor der Frage: ‚Was geschieht mit dem Pflegebedürftigen? Geht er in die Kurzzeitpflege in einer nahen Einrichtung? Kann er sich durch Essen auf Rädern versorgen lassen. Welche weiteren Angebote können einbezogen werden, um den angemeldeten und notwendigen Bedarf abzudecken“, erläutert Andrea Horne. Bei diesen Fragen stehen zukünftig die Mitarbeitenden des Kompetenzzentrums den Betroffenen zur Seite. „Die Abwicklung bleibt somit in einer Hand. Wir lassen die Betroffenen in einer schwierigen persönlichen Situation nicht alleine“, sagt die Fachdienstleiterin.

Es soll weiterhin eine Wohnberatung in Kombination mit einer Pflegeberatung zur Abklärung der häuslichen Situation, von notwendigen Veränderungen, und dem Bedarf an Hilfsmitteln angeboten werden. Elke Jörg-Pieper: „Ergänzt wird dies um eine digitale Plattform und digitale Beratungsangeboten sowie die Vernetzung und Kooperation mit niederschwelligen Angeboten und Sprechstunden der verschiedenen Anbieter vor Ort.“ Die Netzwerkarbeit gewinnt somit weiter an Bedeutung, ist sich Andrea Horne sicher. „Es gibt bereits Netzwerke mit Partnern aus dem Pflegebereich. Wir wollen jetzt aber Hausärzte mit in diese Arbeit einbinden, die ihre pflegebedürftigen Patienten kennen und deshalb aus der Praxis genau wissen, welche passgenauen Hilfen für die Menschen notwendig sind. Gleiches gilt für die Besitzer von Apotheken, die wir ins Boot holen möchten, deren Rat und Unterstützung wir benötigen“, erläutert die Fachdienstleiterin. Auch die Gesundheitskoordinatorin des Kreises, Gemeindeschwestern, Vertreter der MVZs die Pflegedienste und viele mehr sollen noch in diese Netzwerkarbeit mit Einrichtungen und Institutionen der Pflege eingebunden werden.

Gesundheitsprävention und eine Ernährungsberatung sehen Andrea Horne und Elke Jörg-Pieper als einen weiteren, wichtigen Faktor an. Falsche Ernährung über Jahre kann eine Demenz-Erkrankung beschleunigen. Die Ernährung hat beispielsweise Einfluss auf die körperliche und geistige Gesundheit, ist also in zweifacher Hinsicht wichtig für die Demenz- und Alzheimer-Vorbeugung. Gesunde Ernährung bietet nicht nur Schutz fürs Gehirn. Sie hat gleichzeitig einen positiven Einfluss auf Herzkreislauferkrankungen, auf einen zu hohen Cholesterinspiegel und Diabetes – allesamt Krankheiten, die im Verdacht stehen, eine Demenz zu begünstigen. Das Kompetenzzentrum Pflege hat also vielfältige Aufgaben.