„Jeder Mensch hat die Aufgabe, die Welt zu retten!“

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Kreisentwicklung

Wettbewerb „Klasse Klima“: Eindrucksvolle Vorschläge und Präsen­tationen / Der Umwelt-Knollen droht am Eingang der Schule / Sieger kommen vom Gymna­sium Eltville

Wettbewerb „Klasse Klima“: Eindrucksvolle Vorschläge und Präsentationen / Der Umwelt-Knollen droht am Eingang der Schule / Sieger kommen vom Gymnasium Eltville

„Kinder und Jugendliche machen sich keine Gedanken über ihre Zukunft.“ Wer eine solche Aussage für richtig erachtet, der hätte bei dem Wettbewerb „Klasse Klima“ in der Cafeteria des Kreishauses dabei sein sollen. Im Raum sorgen über 35 Grad für Schweißperlen auf der Stirn. Von draußen dringt das Geschrei der Gäste aus dem Schwimmbad herein. Trotz dieser „Bedingungen“ erläutern in der Cafeteria Kinder und Jugendliche ganz konzentriert, wohl formuliert, eindrucksvoll und mit viel Nachdruck ihre persönlichen Forderungen an die ältere Generation, endlich etwas gegen den Klimawandel zu tun, der mit Rekord-Hitzegraden an diesem Juni-Tag allgegenwärtig ist. Oder wie es eine Schülerin in fast schon einfachen Worten ausdrückt: „Jeder Mensch hat die Aufgabe, die Welt zu retten!“

13 Beiträge - vom Modell über Collagen, Gedichten und Texten bis zu beeindruckenden und fast schon professionell gefertigten Video-Clips - hatten Kinder und Jugendlichen aus dem Rheingau-Taunus-Kreis für den Wettbewerb „Klasse Klima“ erstellt. Im Kreishaus stellten sie nun ihre Ideen vor und alle Anwesenden stimmten dann noch über den Sieger des Wettbewerbs ab. Den gewann das Gymnasium Eltville, das mit 13 Beiträgen aufwartete, wobei Schülerinnen und Schüler der Klassen 5, 8, 9 und 10 vertreten waren. 1.000 Euro gab es dafür. Platz 2 - dotiert mit 500 Euro -  ging an die Wiedbachschule mit dem Modell Windkraft, gefolgt vom Gymnasium Taunusstein - ebenfalls mit 500 Euro - mit dem Beitrag „Umweltknollen“ und dem Video, das ebenfalls Schüler des Gymnasiums Taunusstein erstellten, in dem sie sich mit den Folgen der Erderwärmung, dem Auftauen von methanhaltigen Permafrost-Böden beispielsweise, auseinandersetzen.

Die, die an diesem Tag ins Kreishaus gekommen sind, wollen den Klimawandel keineswegs als „gottgeben“ hinnehmen. Sie wollen aufrütteln, informieren, wobei sie mit exakt recherchierten Fakten beeindrucken, aber auch mit eigenen Aktionen vorangehen. Jugendliche kämpfen gegen das „Elterntaxi“ vor der eigenen Schule. Eltern bringen ihre Kinder mit dem Auto in die Schule und holen sie später wieder ab. Das brachte die Schüler des Gymnasiums Taunusstein „auf die Palme“: Sie entwickelten daraufhin den Umweltknollen und verteilten ihn an die wartenden Eltern. Auf dem Knollen stand: „Sie haben eine Ordnungswidrigkeit begangen! Sie sind mit einem Auto gefahren, das CO2 ausstößt. Das vergiftet die Umwelt! Wenn Sie die Zukunft Ihrer Kinder schützen wollen, dann sollten Sie jetzt handeln!“ Deren Reaktion: „Einige nahmen sich den Hinweis zu Herzen, andere ignorierten ihn vollkommen!“

Die Jugendlichen des Gymnasiums Eltville haben sich dagegen das beeindruckende, tiefgründige Gedicht „Ihr Zuschauenden“ der Jüdin Nelly Sachs herausgesucht, um zum aktiven Handeln aufzurufen. Nicht zuschauen sei das Gebot der Stunde, sondern Aufklärung. Denn, so das Fazit der Jugendlichen „Die Ernsthaftigkeit der Lage ist noch nicht allen bewusst.“ Umweltschutz gehöre in die Schule als Unterrichtsthema für alle Fächer. So streben die Schüler an, dass das Gymnasium Umweltschule wird. Arbeitsgruppen haben sich schon gebildet.

Immer wieder sind Forderungen nach dem Verbot von Plastik und Kunststoffen zu hören. Statt Pausensnacks in Plastik einzuwickeln, soll die nachhaltige, also wiederverwendbare Brotbox genutzt werden. Die Schüler der Pestalozzi-Schule in Idstein haben sogar einen Spendenlauf organisiert. Das eingenommene Geld wurde anschließend an Organisationen überwiesen, die Plastik aus den Meeren holen und Strände säubern. Es sind aber die klaren Forderungen, die die Schülerinnen und Schüler formulieren, um die Erderwärmung zu stoppen. Der Verkehr sowie Wasser und Strom zu sparen, sind andere Inhalte der Präsentationen der Wiedbachschule. Die Schüler plädieren dafür, „regionale Produkte zu essen“.

Sie fordern, Blumenwiesen anzulegen. „Unsere Lehrer sollen mit dem Fahrrad in die Schule kommen“, regen Grundschüler an. „Lieber lahm als umweltschädlich“ machen Gesamtschüler Werbung für einen „Fahrrad-Freitag“. Recycling und Regenwald, Umweltbildung und Unverpackt-Läden folgen. Dazu kommen politische Forderungen wie das Abschalten von Kohlekraftwerken innerhalb von fünf Jahren. So ist es Verena da Re, die gemeinsam mit ihrer Freundin Katharina Windisch einen Katalog an Forderungen aufgestellt hat. Sie plädieren dafür, Kurzstreckenflüge innerhalb Europas zu streichen, das Radwegenetz auszubauen und mehr Elektro-Tankstellen zu errichten.

Die anwesenden Schülerinnen und Schüler haben den Ernst der Lage nach eigenen Bekunden erkannt und kämpfen um ihre Zukunft. Der Appell geht nun an die Politik, sich mit den Forderungen der Jugendlichen konstruktiv auseinanderzusetzen. Die notwendigen Verbindungen will Landrat Frank Kilian herstellen, der zu der Veranstaltung die Kreisbeigeordneten Dorothee Nabrotzky, Monika Merkert, Günter Retzmann und Günter Döring sowie die Kreistagsmitglieder Klaus Stolpp, Marius Weiß und Klaus-Peter Güttler begrüßen konnte. Nun geht es auch um die Umsetzung der Vorschläge und Forderungen. Frank Kilian: „Es ist beeindruckend, was die Jugendlichen an Ideen präsentiert haben.“