Integration als Teil der bundes­deutschen Geschichte

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Kleine Darstellung

Landrat Albers: Die unter­schiedlichen Facetten des Jahr­buches 2016 / Das Selbst­verständnis der „zweiten und dritten Generation“

Landrat Albers: Die unterschiedlichen Facetten des Jahrbuches 2016 / Das Selbstverständnis der „zweiten und dritten Generation“

„Wer kann sich Deutschland ohne Pizza, Spaghetti, oder Lasagne vorstellen? Ohne Chop Suey, Chow mein oder Frühlingsrolle? Ohne Moussaka, Bifteki, Gyros mit Zaziki?, fragte sich das Redaktionsteam des Jahrbuches 2016. „Unvorstellbar! Schließlich zählen die Restaurants mit internationaler Küche in Deutschland heute zum guten Ton in jeder Stadt, und jeder nennt auf Anhieb ‚seinen Italiener‘ oder ‚seinen Griechen‘“, lautete die eindeutige Antwort. Doch bis in die siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts waren „Ristorante“ oder „Pizzerien“ in hiesigen Kommunen noch die große Ausnahme. „Für jüngere Generationen eigentlich unvorstellbar!“ So begab sich das Redaktionsteam auf die Suche nach dem ersten Restaurant mit internationaler Küche im Kreisgebiet und wurde nach einiger Zeit auch in Taunusstein fündig.

Im Jahrbuch 2016 des Rheingau-Taunus-Kreises erzählt Autor Hendrik Jung die (Lebens)-Geschichte von Vincenzo Ricci und seinem Ristorante. „Ein bis zwei Jahre“ wollte er bleiben: Inzwischen sind es 46 Jahre geworden, spricht Vincenzo Ricci von „seiner Heimat“ und von einer gelungenen Integration. Dies gilt auch für Derya und Yasar-Arzu Öztürk oder die Schwestern Songül und Neslihan Camci, die die so genannte zweite, beziehungsweise bereits die dritte Generation von Personen mit Migrationshintergrund repräsentieren. Alle vier sind in der deutschen Gesellschaft tief verwurzelt. Deren Integration ist – gerade auch wegen ihres persönlichen Einsatzes – erfolgreich verlaufen.

„Das Jahrbuch 2016 des Rheingau-Taunus-Kreises mit dem Schwerpunkt ‚Integration: Gastarbeiter – Migration – Flüchtlinge‘ wurde vom Redaktionsteam ganz bewusst so ausgelegt, dass es kein Buch ist, das sich alleine und ausschließlich mit der aktuellen Situation der Flüchtlinge auseinandersetzt, sondern eine große Bandbreite an Themen bietet “, so der Herausgeber, Landrat Burkhard Albers. Dem Team, das sich mit dem Thema befasste, ging und geht es um die Darstellung von Integration; von den ersten „Gastarbeitern“ über die so genannte zweite Generation bis hin zu den Lebenssituationen jener Menschen, die derzeit vor Bürgerkrieg und Gewalt aus ihren Heimatländern fliehen. „Schließlich hat das Thema „Integration“ mittlerweile eine rund 60-jährige Geschichte, ist mit all den Mängeln, aber auch Erfolgen Teil der bundesdeutsche Historie“, so Christoph Zehler vom Redaktionsteam.

So stellen die Autoren auch innere und somit ganz persönliche Zwiespälte von Menschen dar, die hier in Deutschland geboren wurden: Die eigene Auseinandersetzung mit dem Land, in dem sie nun leben, mit dem Land, aus dem die Familie ursprünglich kommt. Auch die Probleme mit der Parallelgesellschaft werden dabei nicht außer Acht gelassen. „Wir haben in den Sitzungen des Redaktionsteams sehr kontrovers, aber stets auch konstruktiv darüber diskutiert, was die Mitglieder unter Integration verstehen und für uns und unsere Arbeit eine Definition gefunden“, so Zehler. Darin heißt es unter anderem: „Wir im Rheingau-Taunus-Kreis betrachten Integration als einen zweiseitigen Prozess, getragen und unterstützt sowohl von den Menschen, die nach Deutschland zuwandern als auch von den Menschen der Aufnahmegesellschaft. Integration kann nur gelingen, wenn beide Seiten hierfür Verantwortung übernehmen.“

Dies bedeutet wiederum, dass sich neue Fragen ergeben. Denn schließlich gingen viele sehr lange davon aus, dass jene, die „als Gastarbeiter einst kamen“, irgendwann wieder in ihre Heimatländer zurückkehren. Dieser Gedankengang erwies sich als Trugschluss. Nun gilt es beispielsweise auch über „die interkulturelle Öffnung der Pflegeberatung für ältere Menschen mit Migrationshintergrund“ intensiv nachzudenken. Welche Möglichkeiten es gibt, zeigen Michael May und Alexandra Woite von der Hochschule RheinMain in ihrem Beitrag. Landrat Albers: „Das Jahrbuch hat vollkommen unterschiedliche Facetten, ist hochaktuell und deshalb auch in den kommenden Jahren noch lesenswert.“ An den Beiträgen können die Leserinnen und Leser nachvollziehen, welche Entwicklung der Rheingau-Taunus-Kreis in diesem Jahr genommen hat.

Das Jahrbuch mit seinen 308 Seiten ist im Buchhandel und bei den Städten und Gemeinden erhältlich und kostet 7,90 Euro. Herausgeber ist der Kreisausschuss des Rheingau-Taunus-Kreises. Das Inhaltsverzeichnis und ein Suchregister der früheren Jahrgänge finden Sie hier.