„Im Kunst­unterricht hatte ich immer eine 4“

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Kultur

Landrat Albers überreicht Kultur­preis 2015 des Rheingau-Taunus-Kreises an Birgid Helmy / Preis­trägerin zählt zu den besten Bild­hauern in Deutsch­land

Landrat Albers überreicht Kulturpreis 2015 des Rheingau-Taunus-Kreises an Birgid Helmy / Preisträgerin zählt zu den besten Bildhauern in Deutschland

„In der Schule hatte ich im Kunstunterricht stets eine 4“, erzählt Birgid Helmy im lockeren Gespräch und lacht dabei. Damals hätte sie nie daran gedacht, Kunst einmal zu ihrem Beruf zu machen. Mittlerweile zählt Birgid Helmy zu den anerkanntesten und besten Bildhauern in Deutschland, werden ihre Werke in den Feuilletons der größten deutschen Zeitungen hoch gelobt. Am Freitagabend erlebte die 58-Jährige eine weitere Würdigung ihrer mehr als eindrucksvollen Schaffenskraft: In ihrem Atelier im Künstlerhaus 6 von Vitos Rheingau erhielt Birgid Helmy aus den Händen von Landrat Burkhard Albers den Kulturpreis 2015 des Rheingau-Taunus-Kreises in der Sparte „Bildende Kunst“, dotiert mit 3.000 Euro, überreicht.

Über Birgid Helmys Skulpturen sagte Landrat Albers: „Bei ihren Werken gibt es den psychisch wie physisch bewegte Mensch, beobachtet in seiner Haltung, im ästhetischen Zusammenspiel funktionaler Abläufe.“ Es wird jede noch so kleine Muskelanspannung von den Skateboard-Fahrern, die Birgid Helmy als Vorbild für ihre Skulptur mit dem Titel „Skater“ für ihr Arbeiten dienen, übernommen. Laudatorin Brigitta Lamparth würdigt zudem „die erzählerische Fähigkeit“ sowie ihre Begabung mit Menschen arbeiten zu können, um dann zu ihrer Bewertung zu kommen: „Die Qualität der Arbeit ist unverwechselbar.“ Etwa bei ihrer „etwas kühl wirkenden Figur Froschkönigin“, die am Biebricher Rheinufer „sitzt“ und dort zu bewundern ist. Oder die Künstlerin schickt auch schon einmal „den Papst hinter die Gitter eines Vogelkäfigs“.

Brigitta Lamparth weist in ihrer Laudatio aber auch auf Veränderungen in der Schaffenskraft hin. Waren es zunächst mannsgroße Skulpturen, die Birgid Helmy erschuf, so sind es nach dem Umzug in das Atelier in Eltville auch kleinformatigere Figuren, etwa der Käfig-Zyklus, mit dem sie sich mit gesellschaftlichen Entwicklungen auseinandersetzt und den Betrachter zum Nach- und vielleicht auch zum Umdenken animieren will.

Der Umzug auf das Gelände der Vitos Rheingau auf dem Eichberg führte laut Brigitta Lamparth dazu, dass sie sich neuen Projekten öffnete. Birgid Helmy: „Das ist ein sehr existenzieller Ort, der mich als Künstler sehr prägt.“ Das hat wiederum ihr eigenes künstlerisches Schaffen verändert, so die Preisträgerin. Gemeinsam mit dem Leiter des Künstlerhauses Helmut Mair will Birgid Helmy zudem Beiträge „gegen das Vergessen leisten“.

In ihren aktuellen Arbeiten setzt sich Birgid Helmy und Helmut Mair mit dem Thema „Euthanasie während der Zeit der Nationalsozialismus“, also der systematischen Ermordung geistig behinderter und psychisch kranker Menschen, in der damals so genannten Heil- und Pflegeanstalt Eichberg auseinander. Dort wurden behinderte Kinder zu unvorstellbar grausamen und brutalen „medizinischen Experimenten“ von Ärzten missbraucht und anschließend ermordet. Mit samt ihrer Werkgruppe hat sie nun ein Zeichen gegen das Vergessen gesetzt: „Urnen, mit denen an die getöteten Kinder erinnert wird, stehen Bilder der Täter gegenüber“. Als Birgid Helmy dies erzählt, wird es ganz ruhig im Atelier mit seinen zahlreichen Gästen. Auch im Moment der Freude will die Preisträgerin auch an jene erinnern, die so grausam leiden mussten.

Doch dann überwiegen wieder Freude und auch Lob, die Birgid Helmy von vielen Seiten erfährt. So hofft Stephan Köhler, Geschäftsführer der Vitos Rheingau, dass man sich „vielleicht schon sehr bald über den weltbekannten Birgid-Helmy-Skulpturen-Park auf dem Gelände freuen kann. Er würde dies sehr begrüßen.

Landrat Burkhard Albers überreichte Birgid Helmy (4. von rechts) zusammen mit den Jurymitgliedern Helmut Mair (3. von rechts) und Barbara Mühlschlegel den Kulturpreis 2015 des Rheingau-Taunus-Kreises. Links eine von Birgid Helmy gefertigte Skulptur.