„Feuer­drachen“ fordert die Trupps der Feuer­wehren

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Kleine Darstellung

Im Übungs­container kann ein Zimmer­brand simuliert werden / 324 Feuerwehr­leuten stehen einige heiße „Überraschun­gen“ bevor

Im Übungscontainer kann ein Zimmerbrand simuliert werden / 324 Feuerwehrleuten stehen einige heiße „Überraschungen“ bevor

Ein großer feuerspeiender Drachen ziert den eher unscheinbaren Container, der auf dem Parkplatz des Feuerwehrstützpunktes in Idstein steht. „Fire Dragon“ (zu Deutsch: Feuerdrachen) steht auf der Seite des Containers, in den die beiden Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Steinfischbach, David und Melanie, gleich durch eine Tür auf dem Dach einsteigen müssen. In dem Container erwarten die beiden einige „feurige Überraschungen“, wie Kreisausbilder Michael Muno verrät. Denn in dem Container kann ein Wohnungsbrand simuliert werden. „Wir können in dem Container Brand-Situationen verschiedener Art nachspielen und so testen, wie sich der Trupp aus zwei Personen verhält“, berichtet Muno.

Auf dem Monitor im Kontrollraum beobachtet Einsatzleiter Thorsten Sturm den Einstieg der beiden Feuerwehrleute in ihrer schweren Montur und den Atemschutzgeräten auf dem Rücken. „Die Bewegungsfreiheit der beiden ist dadurch natürlich eingeschränkt.“ Vorsichtig erkunden sie die Treppe, die Räumlichkeiten. Durch dicken Rauch ist die Sicht behindert. Vorsichtig tasten sich die beiden Feuerwehrmänner in gebückter Haltung voran, das C-Rohr „im Anschlag“. Schon lodern die Flammen in ihrem Rücken auf. „Es wird Teamarbeit verlangt. Beide müssen sich hundertprozentig aufeinander verlassen können“, erläutert Sturm. Kaum sind die Flammen in der eine Ecke der „Wohnung“ gelöscht, brennt es in einem anderen Zimmer. Die beiden müssen sich vorsichtig, fast auf dem Boden kauernd, durch den Flur nach vorne tasten.

Dann gibt es plötzlich eine kleine Explosion in der Küche. Die Fritteuse mit heißem Fett hat sich entzünden. „Das ist nun eine ganz besondere Herausforderung für die beiden“, so Sturm: „Denn brennendes Fett lässt sich nicht mit Wasser löschen.“ Alternativen müssen schnell gefunden werden. Nach einigen Sekunden ist auch diese Aufgabe gelöst. Doch der nächste Brandherd ist nicht weit und so müssen die beiden wieder ihren Platz verändern, sich und das C-Rohr neu ausrichten.

Nach rund zehn Minuten haben die beiden Mitglieder der Steinfischbacher Feuerwehr die Aufgabe gelöst. Bei Außentemperaturen von knapp 30 Grad und Innentemperaturen von rund 260 Grad glich der Löschangriff einem Kraftakt. Wenige Minuten später stehen sie aber schon für die Nachbesprechung mit Thorsten Sturm bereit.

Muno: „324 Feuerwehrleute aus allen Freiwilligen Feuerwehren des Landkreis nehmen an dieser Übung teil.“ Mit dabei sind auch sieben Kreisausbilder. Die Übungsanlage ist laut dem Kreisausbilder ein wichtiger Baustein für die Aus- und Fortbildung in den Feuerwehren. Denn „Fire-Dragon” ist ein komplexer Brandsimulationscontainer der Firma Dräger Safety. Im Auftrag des Innenministeriums tourt er durch Hessen, um die Atemschutzgeräteträger der Feuerwehren auf den Ernstfall vorzubereiten.

So gibt es im Inneren des Containers auch schon einmal eine plötzliche Rauchgasdurchzündung (dem sog. Flash-Over, einer großen Gefahr für die Trupps im Realfall) Auch der sicher geglaubte Rückweg kann plötzlich „in Flammen aufgehen“. „Die Einsatzkräfte können unter Aufsicht des Überwachungs- und Ausbilderteams des Landkreises den Wasser sparenden, aber trotzdem wirkungsvollen Umgang mit dem Strahlrohr trainieren und Eindrücke über die Wärmeeinwirkung eines Feuers in unmittelbarer Nähe gewinnen“, erläutert Kreisbrandmeister Reiner Oswald.

Zudem können die Trupps das gemeinsame Vorgehen in verrauchten Räumen üben und auch Vertrauen in die eigene Einsatzkleidung gewinnen, die der fast 300°C heißen Umgebung standhalten muss. Es zeigt sich immer wieder, dass auch der beim Löschen auftretende Wasserdampf die Einsatzkräfte zunächst überrascht und ihnen die Sicht nimmt. Auch Rückmeldungen von der Brandstelle über Funk an die Einsatzleitung sind enorm wichtig: Zum einen zur Eigensicherung für die Trupps, die ihren derzeitigen Standort durchgeben, oder für die Einsatztaktik des Einsatzleiters. Dieser muss anhand der Lagemeldungen Entscheidungen über das Vorgehen weiterer Trupps oder Nachalarmierungen treffen.

Oswald: „Das Training unter weitgehend realen Bedingungen ist wichtig für die Einsatzpraxis und routinierteres Vorgehen. Zudem muss jeder Geräteträger selbst seine eigenen Grenzen kennenlernen und ausloten.“ Besser bei einer Übung gelernt, als im Ernstfall überrascht werden. Nach jeder Übung erhalten die Einsatzkräfte ein Feedback-Gespräch mit den Ausbildern, die das Geschehen beobachtet haben. Oswald dankt abschließend auch dem Sanitätsdienst von DRK und Maltesern, die in den Tagen der Übung vor Ort in Idstein waren.

Einsatz im Container: Melanie und David versuchen gleich, den Brand zu löschen.