Fair­trade muss noch viel bekannter werden

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Fair Trade

Podiums­diskussion am „Fair Trade Day“ im Kreishaus / Wir brauchen mehr Fair­trade-Schulen

Podiumsdiskussion am „Fair Trade Day“ im Kreishaus / Wir brauchen mehr Fairtrade-Schulen

2014 war der Rheingau-Taunus-Kreis der erste Fair Trade Kreis in Hessen. Zwei Jahre später folgte die erste Rezertifizierung. Im Herbst 2018 stellt sich der Kreis nun der zweiten Überprüfung, ob der Kreis die Standards des fairen Handels einhält. Während des Fair Trade Days im Kreishaus zog die zuständige Dezernentin Monika Merkert Bilanz der vergangenen vier Jahre. 40 Restaurants, Cafés und Kantinen und 53 Groß- und Einzelhandelsgeschäfte haben sich im Kreis mittlerweile dem fairen Handel verschrieben. Monika Merkert: „Nun will die Hochschule Fresenius in Idstein erste Fairtrade-Hochschule Hessens werden; die ersten Etappenziele sind erreicht.“ Doch der Blick wurde während der Podiumsdiskussion schon einmal in die Zukunft gerichtet.

„Was ist zu tun?“, fragte Moderatorin Anke Seeling in die Runde. „Wir müssen Fairtrade bekannter machen, damit ein wirkliches Umdenken in der Gesellschaft einsetzen kann“, fordert die Bürgermeisterin von Hofheim, Gisela Stang, in einem leidenschaftlichen Plädoyer. Sie hofft, dass 2019 die Zertifizierung zur fairen Metropolregion Rhein-Main gelingt und damit rund drei Millionen Menschen sich zum fairen Handel bekennen. „Wir müssen uns fragen, woher kommt der Blumenstrauß, den ich im Laden kaufe, und dann nachbohren, um Antworten zu erhalten“, berichtet Gisela Stang von ihrer ersten Annäherung an das Thema. Viele Rosen stammen mittlerweile aus Afrika, wo niedrigste Löhne den Arbeiterinnen und Arbeitern auf den Plantagen gezahlt werden. Mit dem Flugzeug werden die Blumen nach Europa transportiert. „Das ist Globalisierung pur“, sagt Gisela Stang. Inzwischen kauft die Stadt Hofheim nur noch Blumensträuße aus fairem Handel.
 
„Gerechtigkeit und Fairness sollten Grundlage alles Handels sein“, ergänzt die Lehrbeauftragte an der Fresenius-Hochschule, Anke Trischler und sieht dabei die Studenten „als wichtigen Multiplikator“. Sie sollen ihr Wissen und das neue Denken zu ihren zukünftigen Arbeitgebern tragen. Ihr Ansatz geht jedoch über fairen Handel hinaus. Anke Trischler sieht den Planeten, das Ökosystem in Gefahr, wenn „wir weiterhin unsere Erde ausbeuten, wie wir es derzeit tun.“ Aufklärung über globale wirtschaftliche Beziehungen seien dringend geboten, damit die Menschen erfahren, wie die Produzenten von Kaffee in Lateinamerika ausgebeutet werden, wie minimal der Lohn ist und unter welchen schlimmen Arbeitsbedingungen sie tätig sind.

Die Auseinandersetzung und die Informationen über Fair Trade bewirken etwas. Davon zeigen sich Ingo Ostwald, Lehrer der IGS Wallrabenstein, und auch Udo Schneider, Leiter eines Supermarkts, überzeugt. „Wenn wir mit den Schülern in einen Supermarkt gehen, um Produkte für unseren Schulladen zu kaufen, schauen die Schüler schon nach dem Fairtrade-Siegel und vergleichen“, so Ostwald. Die Kinder und Jugendlichen setzen sich für ihre Umwelt ein, betont auch die Leiterin der Limesschule, Angelika Deinhardt, um gleichzeitig auf den Erfolg der Schülerfirma „Snack Attack“ hinzuweisen. „In einem Projekt setzten sich die Schüler nun mit dem Plastik und Plastiktüten auseinander. Sie erstellten ein Infoblatt, welche Produkte aus Plastik sind und wie wir die Nutzung von Produkten aus Plastik verhindern können“, so die Schulleiterin.

Für Heidenrods Bürgermeister Volker Diefenbach besteht ein Zusammenhang zwischen fairen Preisen für regionale Produkte und jenen für Kaffee, Blumen und Kakaobohnen für Schokolade. „Wir brauchen unsere regionalen Produkte vor Ort in Kombination mit einem gerechten Handel in der Welt“, betont. Diefenbach und weiter: „Auch unsere Landwirte wollen faire Preise für ihre heimischen Produkte.“ Heidenrod ist eine von vier Kommunen im Kreis, die sich „Fair Trade Town“ nennen dürfen; fünf weitere befinden sich auf dem Weg dorthin. „Wir müssen alle 17 Städte und Gemeinden des Kreises überzeugen, sich der Intention des fairen Handels anzuschließen“, fordert Landrat Frank Kilian. Auch er sieht Schulen und Universitäten als wichtigen Multiplikator, damit immer mehr Menschen Produkte mit dem Fair-Trade-Siegel kaufen und so ein Bewusstseinswandel eintritt.

Fairtrade-Dezernentin Monika Merkert, deren Idee mit dem Fairday umgesetzt wurde, stimmt hierin mit Landrat Kilian überein. Sie zog abschließend ein positives Fazit: „Wir müssen bereits junge Menschen über die Lebensverhältnisse in Entwicklungsländer aufklären. Deshalb müssen wir weiter daran arbeiten, mehr Fairtrade-Schule im Kreis zu gewinnen. Aber auch weitere Kommunen, Einzelhandelsgeschäfte und Kantinen sind wichtige Partner in Sachen Fairtrade. Wir im Rheingau-Taunus-Kreis sind bei dem Thema Fairtrade bereits gut aufgestellt, aber wir können noch besser werden. Daran müssen wir nach dem Fairday im Kreis weiter arbeiten.“