„Einen Fahr­plan zu erstellen, ist fast wie Schach­spielen“

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Verkehr (allgemein)

RTV: Damit Busse nicht im Nirwa­na landen und An­schlüsse gewahrt werden / ÖPNV im Kreis ist eine Mega-Aufgabe / Dann kommt die nächste Um­leitung

RTV: Damit Busse nicht im Nirwana landen und Anschlüsse gewahrt werden / ÖPNV im Kreis ist eine Mega-Aufgabe / Dann kommt die nächste Umleitung

Ruhig zurücklehnen können sich Fahrplan-Planer Alexander Gruber und sein Chef, Geschäftsführer der Rheingau-Taunus-Verkehrsgesellschaft (RTV) Roland Buitkamp, eigentlich zu keinem Zeitpunkt im Jahr. „Die Erstellung des Fahrplanes ist inzwischen eine Ganzjahres-Aufgabe“, betont Buitkamp. Rund 55 Buslinien und drei Zuglinien von RTV und RMV (Rhein-Main-Verkehrsverbund) müssen koordiniert, abgestimmt und dann bis in das kleinste Detail vernetzt werden, damit zum Fahrplanwechsel Mitte Dezember eines jeden Jahres beim ÖPNV „ein Rad ins das andere geräuschlos gleiten kann“. 640 Seiten umfasst das Fahrplan-Buch inzwischen; rund zweidrittel des Buches weisen die An- und Abfahrtszeiten der RTV-Linien auf. „Einen Fahrplan zu erstellen, ist fast wie Schachspielen“, betont Alexander Gruber, der die Aufgabe übernommen hat.

In seinem Spielen heißen die Figuren Gelenk- oder Solobus, Schülerverkehr, Fahrgäste und natürlich die Busunternehmer und RMV. „Die Figuren muss ich hin und her schieben, bis es letztlich passt“, so der RTV-Mitarbeiter. Da schmunzelt sein Chef und lobt: „Neben seiner Bescheidenheit gehören sehr gute Ortskenntnisse im ganzen Kreisgebiet – von Waldems bis Lorchhausen und damit immerhin von 115 Ortsteilen – und ein ausgeprägtes,  räumliches Vorstellungsvermögen von hoher Qualität zu seinen herausstechenden Fähigkeiten.“

Die wichtigsten Knotenpunkte für den regionalen ÖPNV im Untertaunus kennen viele. Etwa der Hahner Bus-Bahnhof oder der Bahnhof in Idstein, von wo aus die einzelnen Buslinien dann in die jeweilige Region abzweigen. Die Ankunfts- und Abfahrtszeiten der Busse, der großen Regionallinien und der Züge müssen so gelegt werden, dass es für den Fahrgast keine langen Wartezeiten gibt. Eine enge Vertaktung ist notwendig, um den Fahrgast zufrieden zu stellen. Gleiches gilt für die Fahrzeiten. Dann muss auf Unterrichtsbeginn und –ende in den einzelnen Schulen geachtet werden. Das hat wiederum Auswirkungen auf die Größe der Busse. In den Gesprächen sind die Busunternehmen eng mit eingebunden, da sie die Fahrten ausführen müssen. Viele Details finden Berücksichtigung bis der Fahrplan mit seinen endlosen Zahlkolonnen endlich fertig ist.

Doch die Mitarbeiter der RTV müssen auch noch über zwei weitere Stärken verfügen: Geduld und gute Nerven. Denn manchmal gelangen die guten Ideen, die zum Wohle der Fahrgäste und des ganzen ÖPNV gedacht waren, zwar ins Fahrplan-Buch, sind dann aber rasch wieder Makulatur. „Die Vielzahl der Baustellen und -maßnahmen im Kreis fordern uns schon gewaltig und bereiten oftmals Kopfschmerzen“, sagt der RTV-Geschäftsführer und: „Wir wollen dem Fahrgast Kontinuität bieten, dass er sich genau darauf verlassen kann, um welche Zeit der Bus an seiner Haltestelle abfährt.“ Nur dann kann der ÖPNV verlässlich sein und Vertrauen aufbauen.

Doch zuletzt kamen immer wieder Ankündigungen für Straßensperrungen oder die Verengung der Fahrbahn erst sehr kurzfristig. Roland Buitkamp: „Uns bleibt dann meist nur wenig Zeit, um zu reagieren. Schließlich sind wir als RTV nicht nur von den dann notwendigen Fahrplanänderungen betroffen, sondern es muss eine Maschinerie anlaufen. RMV, Busunternehmen, die Fahrer, die Fahrgäste und viele weitere Beteiligte sind zu informieren, zu hören und Abstimmungen zu treffen. Gruber: „Freitags um 13 Uhr informierte uns Hessen Mobil, dass zehn Tage später auf der B 42 zwischen Rüdesheim und Assmannshausen an einer Baustelle die Fahrbahn verengt wird.“ Die Folge: Die Linienbusse konnten die Stelle nicht mehr passieren.

„In solchen Fällen müssen wir als RTV rasend schnell handeln, weil viele Faktoren zusammen kamen“, so Gruber. Dann sind die notwenigen Änderungen im Fahrplan „mit der heißen Nadel gestrickt“. „Es gibt aber auch die positiven Beispiele: etwa die Baumaßnahme in Hünstetten-Wallbach.“ Bereits ein Jahr vor Beginn der Maßnahme mit Sperrung der Durchgangsstraße am 2. Juni 2014 gab es Gespräche zwischen der Gemeinde und allen Beteiligten, darunter der RTV. Gruber: „Der Ablauf konnte detailliert festgelegt werden. Eine sehr gute Zusammenarbeit mit der Gemeinde und besonders Herrn Weiß aus dem Rathaus.“ Probefahrten führte das Busunternehmer und RTV extra durch sowie eine Befragung der Fahrgäste, um auch deren Hinweise in den Baustellen-Fahrplan aufzunehmen. Schließlich soll die Baumaßnahme ein Jahr dauern.

Buitkamp: „Die RTV konnte in diesem Fall einen optimierten Baustellen-Fahrplan vorlegen, der die Interessen aller Beteiligten, vor allem aber der Fahrgäste berücksichtigte.“ Vor Beginn der Baumaßnahme und der damit verbundenen Sperrung der Ortsdurchfahrt Wallbach fand noch eine Bürgerversammlung im Ortsteil von Hünstetten statt. „Dort wurden alle Befürchtungen und Ängste angesprochen, die wir dann entkräften konnten.“ Dieses Vorgehen war optimal. Der RTV-Geschäftsführer: „Abschließend druckten wir noch den Baustellenfahrplan und verteilten ihn.“ Und Alexander Gruber ergänzt: „Wenn uns immer so viel Zeit für die Abstimmung bleibt, dann können wir als RTV angemessen reagieren.“