Ein spannender Beruf zwischen Kummer­kasten und Manager

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Jugendhilfe, Jugendförderung

Kreisverwaltung sucht Berufsbetreuer / Vom Gericht eingesetzt / Menschen­kenntnis, Fingerspitzen­gefühl und jede Menge Lebenserfahrung werden benötigt

Kreisverwaltung sucht Berufsbetreuer / Vom Gericht eingesetzt / Menschenkenntnis, Fingerspitzengefühl und jede Menge Lebenserfahrung werden benötigt

Seinen „spannenden Beruf“ verankert Michael Pfeiffer „zwischen Kummerkasten und Manager“ und nennt als Voraussetzung Menschenkenntnis, Fingerspitzengefühl und „jede Menge Lebenserfahrung“. Der 45-Jährige ist selbstständiger Berufsbetreuer und dabei für die Betreuungsbehörde der Kreisverwaltung tätig. Zirka 3.350 Betreuungsfälle sind dort aktuell registriert, wie Karl-Otto Jung von der Behörde erläutert. „Die Hälfte davon wird von Angehörigen aus dem unmittelbaren familiären Umfeld oder Ehrenamtlichen betreut, die zweite Hälfte von Berufsbetreuern bei steigender Tendenz“, so Jung, der auch Gründe nennt: „Die Menschen in unserer Gesellschaft werden immer älter, viele Senioren leben alleine und die Familienstrukturen sind nicht mehr so vorhanden wie noch vor 20 Jahren.“

Doch wen betreut Michael Pfeiffer? „Das Klientel betreuerischen Handels sind die Menschen, für die eine rechtliche Betreuung durch das Betreuungsgericht angeordnet ist“, erzählt Pfeiffer. Dies sind Menschen mit psychischen Erkrankungen, mit Suchtproblematik, mit geistigen Beeinträchtigungen, aber auch verstärkt Personen mit Verhaltensauffälligkeiten und Menschen, die an Demenz erkrankten. Dieser Personenkreis kann wegen der Erkrankung oder Behinderung aus eigener Kraft seine rechtlichen, sozialen und persönlichen Angelegenheiten nicht mehr alleine besorgen. „Vielen aus dem genannten Klientel droht ohne unsere Betreuung ein Abrutschen aus der Gesellschaft in die Illegalität, weil sie etwa ihre Wohnung verlieren und dann auf der Straße leben müssten.“ Die Betreuer stärken also das Rechtssystem und ernten dafür „viel Respekt und Anerkennung“, so Pfeiffer.

Sich für solche Menschen einzusetzen, ihnen zu helfen, ihnen wieder eine Struktur für ihr Leben zu geben, aus diesen Gründen entschied sich Pfeiffer, der zunächst Sonderpädagogik studierte, vor rund 15 Jahren für diesen Beruf, nachdem er schon während des Studiums „in diesen hineinschnupperte“. Der Reiz liegt für ihn aber in der Selbstständigkeit. „Ich muss natürlich für mein Einkommen sorgen, Sozialversicherung und Steuern zahlen und meinen Arbeitsalltag selbst organisieren“. Etwa 50 Betreuungen, für die es pro Fall eine Pauschale gibt, hat er derzeit. Viele Personen kennt er schon seit vielen Jahren. Pfeiffer: „Es gibt den jungen Mann mit einer geistigen Behinderung, der seine Eltern verloren hat, und nun eine Betreuung benötigt, aber auch den 60-Jährigen, der psychische erkrankt ist und seit langer Zeit Alkoholiker ist.“

Wenn das zuständige Gericht die Betreuung einer Person angeordnet hat, die Betreuungsbehörde, ihm die Person zuteilt, nimmt Pfeiffer Kontakt mit dieser auf, versucht in vielen Gesprächen dessen Lebensumstände zu ergründen und dessen Alltag zu strukturieren. Der Betreuer: „Bei dem 60-Jährigen prüfte ich erst, ob Geld für den Lebensunterhalt zur Verfügung steht, ob er Schulden und bei wem hat, wurde sein Konto gesperrt, droht Kündigung des Mietverhältnisses, weil die Miete, der Strom nicht gezahlt wurde.“ „Danach nehme ich Kontakt zum Vermieter auf, um die Situation zu besprechen und vielleicht sogar einen Aufschub zu erwirken. Es wird ein Finanzplan erstellt und es kommt vor, dass ich mit dem Kunden zur Schuldnerberatung gehe“, berichtet er. Für den 60-Jährigen suchte er mit Erfolg einen Aushilfsjob als Maler, damit „sein Tag eine Struktur erhält“.

In diesem Anfangsstadium ist die Betreuung überaus zeitintensiv. Später erfolgte die Kontaktaufnahme oft über das Handy, reduzieren sich die Besuche, weil „sich ein enges Vertrauensverhältnis aufgebaut hat“. „Wenn etwas passiert ist, etwa eine Mahnung angekommen ist, ruft der Betroffene mich direkt an und wir besprechen die Angelegenheit. Denn ein solches Schreiben wirft den einen oder anderen schon mal aus der ‚Bahn‘, damit können viele nicht rational mit umgehen.“

„Ein Betreuter, der wegen Alkoholsucht in einem Krankenhaus lag, sollte von dort aus sofort danach in eine Entziehungskur geschickt werden. Ich habe mich dann eingeschaltet, mit allen Beteiligten Gespräche geführt, weil dieser sonst seinen Aushilfsjob verloren hätte“, berichtet Pfeiffer von einem Arbeitstag. Er hat seine Entscheidung, als Berufsbetreuer selbstständig zu arbeiten, nie bereut und Karl-Otto Jung von der Betreuungsbehörde nennt die Zusammenarbeit sehr harmonisch.

Jung und seine Kolleginnen Barbara Pilzer-Schabram und Anke Tillmann sind für zirka 55 Berufsbetreuer Ansprechpartner. „Darunter sind Sozialpädagogen, Juristen, aber auch Personen, die als Pflegekräfte gearbeitet haben, oder beispielsweise eine Ausbildung zum Bürokaufmann absolvierten“, berichtet er. Das Berufsspektrum ist weit gefächert. „Wichtig ist es, dass der Betreuer für und mit Menschen arbeiten will, dass er auf Menschen zugehen kann.“ Die Kreisverwaltung sucht Nachwuchs für die Betreuungsbehörde. Als Ansprechpartner für Interessierte, die weitere Details über den Beruf wissen wollen, stehen Karl Otto Jung (Telefon 06124 510-709), Barbara Pilzer-Schabram (Telefon 06124 510-710) und Anke Tillmann (Telefon 06124 510-706) zu Verfügung.