Die Brummer aus Aarbergen

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Wirtschaft

Rüdiger Schwenk züchtet auf seinem Hof in Kettenbach Erd-Hummeln und leistet damit einen wertvollen Beitrag zum Artenschutz

Von wegen fleißige Bienchen. Während Biene Maja und ihre Freunde im März meist noch vor sich hinschlummern, sind es die pummeligen und flauschigen Hummeln, die tagsüber ihren Stock verlassen und fleißig von Blüte zu Blüte summen, oder vielmehr brummen. Denn Hummeln sind bereits bei Temperaturen ab 9 Grad Celsius aktiv, während Bienen mindestens 15 Grad Außentemperatur benötigen, um durch die Luft zu fliegen. Dies alles weiß Rüdiger Schwenk zu berichten. Der 68-jährige Schmied aus dem Untertaunus ist ein über die Landesgrenze hinaus bekannter Hummel-Experte. Seit über 30 Jahren züchtet er auf dem Gelände seiner Werkstatt mit Erfolg die in Deutschland heimischen Erd-Hummeln und hat damit etwas erreicht, was hierzulande noch keinem anderen gelungen ist.

„Es ist nicht ganz leicht, Hummeln ein Umfeld zu bieten, in dem sie sich wohlfühlen“, erklärt Rüdiger Schwenk, der auf seinem Hof Landrat Frank Kilian zu Besuch hat. Beide stehen in einer abgedunkelten Kammer unter Infrarotlicht und blicken in eine kleine Karton-Box, kaum größer als ein Schuh-Karton, in der Schwenk den jüngsten Nachwuchs präsentiert. Die rund 20 Hummeln sind etwa zehn Wochen alt und emsig am Nest bauen, während die Königin fleißig Eier legt, bis das Volk auf bis zu 300 Hummeln angewachsen ist.

„Es gibt nur einen einzigen Hummel-Züchter in Deutschland und der lebt in Aarbergen. Grund genug für mich, mir diese Besonderheit einmal anzuschauen“, so der Landrat des Rheingau-Taunus-Kreises. „Schließlich ist es nicht nur ein Alleinstellungsmerkmal für den Kreis, sondern auch angesichts des Insektensterbens ein wertvoller Beitrag zum Artenschutz und für unsere Natur.“ Denn bereits im März blühen die ersten Obstbäume, die aber nur dann Hoffnung auf Frucht haben, wenn ihre Blüten bestäubt werden. Ein Auftrag, den die Hummeln sehr ernst nehmen. Während Bienen oft nur vereinzelt Blüten anfliegen und dann weiterziehen, suchen Hummeln einen Obstbaum systematisch nach Blüten ab, um keine einzige zu vergessen. So ist es möglich, dass eine Hummel am Tag rund 3.000 bis 4.000 Blüten bestäubt.

Das ist wiederum interessant für viele Hobby-Gärtner sowie Obst- und Gemüse-Bauern, die ihren Ertrag auf den Wiesen oder im Gewächshaus verbessern wollen. Aus ganz Deutschland kommen sie nach Aarbergen, um bei Rüdiger Schwenk ein oder gleich mehrere Hummel-Völker zu kaufen und mit nach Hause zu nehmen. Rund 1500 Boxen mitsamt Hummel-Volk verkauft Schwenk das Jahr über, ein Großteil davon wird sogar per DHL mit der Post verschickt.

An ihrem neuen Stammplatz angekommen, benötigt das Hummel-Volk einen wohldurchdachten Platz für die Behausung, um von dort aus auszuschwärmen und für reichlich Obst und Gemüse zu sorgen. Besonders bewährt haben sie sich beim Bestäuben von Kulturen wie Auberginen, Paprika, Beerenobst, Bohnen, Kernobst, Melonen und der Samenzucht. „Sie mögen es nicht zu warm, nicht zu kalt, feucht genug, aber nicht zugig und unbedingt dunkel“, erklärt Schwenk die Vorlieben der summenden Nützlinge. Die Arbeits-Hummeln kehren nach getaner Tagesarbeit immer wieder in die Box zu ihrem Volk zurück, um den Nachwuchs mit Pollen zu versorgen. Deshalb appelliert Schwenk auch, Hummeln in freier Wildbahn nicht einzufangen. Sie stehen außerdem unter Naturschutz. Bis August sind sie im Garten im Einsatz, dann ist ihr Leben fast zuende, denn Arbeits-Hummeln überwintern nicht, sondern sterben im Herbst. Allein die Jungköniginnen suchen sich ein passendes Erdloch, um die kalte Jahreszeit zu überstehen und im nächsten Frühjahr einen neuen Staat zu gründen. Vielleicht ein Volk mit Wurzeln aus Aarbergen.

Rüdiger Schwenk vor dem Regal mit Karton-Boxen, die den Hummeln als Behausung dienen.

Rüdiger Schwenk vor dem Regal mit Karton-Boxen, die den Hummeln als Behausung dienen.