„Die Best Ager brin­gen viel Know­how mit“

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„Perspektive 50Plus“ hilft älteren Arbeitslosen, neue berufliche Perspektiven zu finden / Das Beispiel einer 62-jährigen Fotografin zeigt dies in besonderer Weise auf / Teil 1 der Reihe

„Perspektive 50Plus“ hilft älteren Arbeitslosen, neue berufliche Perspektiven zu finden / Das Beispiel einer 62-jährigen Fotografin / Teil 1

„Best Ager bringen langjährige Berufserfahrung und viel Knowhow mit“, betont Edith Wehmeyer vom Projekt „Perspektive 50Plus“ der Kreisverwaltung in Bad Schwalbach. Ihre „Best Ager“ sind Menschen über 50 Jahre, die ein Handicap haben: „Sie sind oft seit mehr als zwei Jahren arbeitslos“. „Perspektive 50 Plus – Beschäftigungspakte für Ältere in den Regionen“ ist laut Edith Wehmeyer das Programm des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Verbesserung der Beschäftigungschancen älterer Langzeitarbeitsloser. In der Vergangenheit galt meist: „Wer über 50 und arbeitslos ist, der hat fast keine Chance mehr auf dem ersten Arbeitsmarkt.“ Mit teilweise fatalen Folgen für die Betroffenen, die sich aussortiert, deprimiert, nutzlos und auch ein wenig hilflos vorkamen.

Diesen Menschen soll mit dem Projekt geholfen und Ansprechpartner zur Seite gestellt werden. Gabriele Rabenstein vom Projekt: „Wir versuchen sie wieder in die Arbeitswelt zu integrieren und ihnen eine neue berufliche Perspektive zu geben.“ Denn letztlich hat sich mit dem Demografischen Wandel und der knapp 80 Beschäftigungspakte in ganz Deutschland auch ein wenig das Meinungsbild geändert, dass die „Über 50-Jährigen zum alten Eisen gehören“. „Wir sind manchmal im ersten Schritt die seelische Stütze, die beim Wiederaufbau des Selbstbewusstseins behilflich ist. Dann schauen wir uns den Bewerber, den vorherigen beruflichen Werdegang genau an. Wir betrachten uns die Bewerbungsunterlagen und helfen, wenn es notwendig ist, bei der Neugestaltung“, fasst Edith Wehmeyer die vielfältige und umfangreiche Arbeit des Teams von „Perspektive 50Plus“ zusammen. Die Mitarbeiterin: „Oft gibt es bei Bewerbungsunterlagen erste Ansatzpunkte.“

„Das war auch bei mir so“, berichtet Ulrike K. und weiter: „Meine letzte Bewerbung habe ich vor zirka 40 Jahren geschrieben.“ Die 62-jährige Fotografin war im November 2013 arbeitslos geworden. Durch eine spezielle Regelung gelangte sie schon am 26. Mai 2014 in das Programm „Perspektive 50Plus“. „Fotografin war nicht gerade mein Wunschberuf; aber als ich ihn erlernt hatte, habe ich es nie bereut“, erzählt sie. Sogar den Meister-Brief hat sie in der Tasche. 20 Jahre war Ulrike K. selbstständig tätig, zuletzt zehn Jahre in einem Unternehmen der Fotobranche angestellt. Dann folgte die Kündigung.

Der Moment, als sie das Schreiben in der Hand hielt, war ein Schock. Die 62-Jährige: „Ich weiß, dass es viele Fotografen auf dem Markt gibt; einige davon habe ich ja selbst ausgebildet.“ „Meine Gefühlswelt? – ganz bescheiden, schlecht! Andererseits traf mich das Ganze nicht unvorbereitet.“ Schon in den Jahren zuvor hatte Ulrike K. bemerkt, dass immer weniger Kunden ihre Fotos zum Entwickeln geben, dass weniger Filme gekauft werden. „Foto-Entwicklung ist kein Geschäft mehr, trotz Kundenservice und einer kompetenten Beratung.“ „Digitale Kameras sind klar auf dem Vormarsch“, sagt sie. Und die Abzüge der Fotos werden am heimischen PC bearbeitet und ausgedruckt.

Die 62-Jährige: „Deshalb war mir natürlich klar, ich bekomme in meinem Beruf nichts mehr.“ Denn dann kommt noch das Alter hinzu. „Ich wollte aber noch weiterarbeiten, fühle mich noch zum alten Eisen zugehörig“, sagt sie. „Und wenn ich in einer Boutique arbeiten muss. Ich nehme den Job an“, lautete ihre Einstellung. Sitzen und abwarten, ist sowieso nicht „mein Ding“. „Natürlich fühlte ich mich schlecht, aber ich war nicht vollkommen entmutigt.“ Ihr fehlte die persönliche Anerkennung durch ihre Tätigkeit, das Feedback der Kunden, der tagtägliche Umgang mit Menschen.

Das Projekt „50Plus“ erhält die Unterlagen und lädt zu einem ersten Treffen ein. Es kam zu ersten Gesprächen, Tipps und Hinweisen. „Fast zur gleichen Zeit gab es aber schon den ersten, wichtigen Lichtblick am Horizont“, erzählt sie. Der 62-jährigen Fotografin erhielt von der Arbeitsagentur ein Arbeitsangebot. „Ein Fotofachgeschäft in Wiesbaden sucht eine Mitarbeiterin / einen Mitarbeiter“, hieß es. „Ich habe natürlich sofort reagiert und so kam es zum ersten Vorstellungsgespräch“, erzählt Ulrike K. und weiter: „Der Chef des großen Foto- und Kamerageschäftes kannte mich und meine Arbeit; dass ich zuverlässig bin, große Erfahrungen in dem Bereiche und viele Kenntnisse habe.“ Seit 1. Juli ist Ulrike K. wieder berufstätig und „sehr zufrieden“. „Zuhause zu bleiben – das hätte ich nicht länger aushalten können“, erzählt die 62-Jährige abschließend.