Die Auswirkung der Refor­mation auf die Region

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Jahrbuch

Präsentation des Jahr­buches 2017 des Rhein­gau-Taunus-Kreises / Insgesamt 90 Beiträge auf 320 Seiten / Chronik der Kom­munen im Kreis


Präsentation des Jahrbuches 2017 des Rheingau-Taunus-Kreises / Insgesamt 90 Beiträge auf 320 Seiten / Chronik der Kommunen im Kreis

Ahnte Martin Luther, als er am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen gegen den geschäftsmäßigen Handel mit Ablassbriefen an der großen Tür der Schlosskirche in Wittenberg mit einigen wuchtigen Hammerschlägen befestigte, welche weltpolitischen Auswirkungen sein Handeln auslösen werde? Sicherlich wollte Luther in seiner katholischen Kirche nur regulierend wirken und keinesfalls die christliche Kirche spalten und doch kam es so. 500 Jahre später feiern ihn die Deutschen, aber vor allem die Protestanten in aller Welt als Reformator und Kirchengründer. „Das Luther-Jahr ist eingeläutet und auch im Rheingau-Taunus-Kreis setzen wir uns mit dem Reformator und den Auswirkungen seines Thesenanschlages auf unsere Region auseinander“, betonte Landrat Burkhard Albers während der Präsentation des Jahrbuches 2017 des Rheingau-Taunus-Kreises in historischer Kulisse des Schlosses in Idstein.

Idstein ist nicht nur Stätte der ‚Nassauische Union‘, die vor exakt 200 Jahren beschlossen wurde, sondern seit November 2015 auch Reformationsstadt Europas. „Die beiden Jubiläen nahm die Redaktionskonferenz des Jahrbuches zum Anlass, daraus das Schwerpunkthema zu bilden“, so der Landrat. Die Beiträge haben geschichtliche wie aktuelle Themen zum Inhalt. So weisen die Autoren auf die Situation in der katholischen Kirche Anfang des 16. Jahrhunderts hin, stellen Luthers Kampf dar und das Aufkeimen der lutherisch-protestantischen Bewegung. Eine entscheidende Strahlwirkung ging mit der „Nassauische Union“ dann auch von Idstein aus.

Im Herzogtum Nassau gab es eine starke lutherische Bewegung. Die Herrscher der verschiedenen nassauischen Territorien gingen zur Reformation über und gestalteten die jeweiligen Kirchen nach 1529 entsprechend um. Unter Graf Johann VI. (1559–1606) wurde in Nassau-Dillenburg das reformierte Bekenntnis eingeführt. 1584 gründete Johann VI. die Hohe Schule in Herborn, die zu einer der wichtigsten Ausbildungsstätten reformierter Theologen und zu einem Ausstrahlungspunkt reformierter Theologie wurde.

Der Reichsdeputationshauptschluss (1803) und die nachnapoleonische Neuordnung der deutschen Territorien führte weitere Gebiete zum Herzogtum Nassau zusammen, dessen Einwohnerschaft nun neben einem beträchtlichen katholischen Anteil zu etwa gleichen Teilen aus lutherischen und reformierten Protestanten bestand. In Nassau entfaltete der Gedanke einer Vereinigung der beiden evangelischen Konfessionen aus Anlass des 300-jährigen Reformationsjubiläums 1817 besondere Kraft. Auf einer Synode am 5. August 1817 in Idstein wurde einstimmig die Vereinigung beider Konfessionen zu einer „evangelisch-christlichen Kirche“ beschlossen und am 11. August 1817 durch herzogliches Edikt angeordnet. Damit ist die Union von Nassau die erste Union in Deutschland in einem Flächenstaat.

Die Autorinnen und Autoren gehen im neuen Jahrbuch auch auf die Gegenwart ein. Was leisten die beiden christlichen Kirchen heute? Was geschieht mit der Kirchensteuer? Welche wichtigen Funktionen übernehmen sie in unserer modernen Gesellschaft? Fragen, die in den Beiträgen auf den über 80 Seiten beantwortet werden. Doch das Jahrbuch greift nicht nur die beiden Jubiläen auf, beschreibt die Arbeit und Tätigkeit der beiden christlichen Kirchen im Kreis. Das Jahrbuch erfüllt auch seine Chronisten-Pflicht mit interessanten Beiträgen zur Geschichte und der Gegenwart der Region.

Der allgemeine Teil besticht, so Landrat Albers, durch seine kleinen und großen Geschichten, durch die Hinweise auf Jubiläen oder einzelne Geschehnisse, die in Teilen unserer Region passierten, und die den Rheingau und den Taunus zusammenführen. Da weist Dr. Rolf Faber auf die nassauische Simultanschule und als Basis dafür auf das bahnbrechende Schulgesetz von 1817 hin. Michael Kelm berichtet über das „bewegte Leben der Inselgräfin“, gemeint ist Bertha Gräfin von Franken-Sierstorpff, die im Herrnhaus auf der Eltviller Aue lebte. Für eine Wiederbegegnung mit vergessenen Namen sorgt Peter Neugebauer, der den Jüdischen Friedhof in Bad Schwalbach beschreibt und Walter Hell berichtet über das schwere Schicksal einer Russlanddeutschen.

Helga Simon sowie Timo Georgi und Sebastian Macho greifen sehr aktuelle Themen auf, wenn sie einerseits die Arbeit im Eltviller Stadtarchiv, andererseits das „digitalisierte Kloster Eberbach“ vorstellen. Claudia Niemann weist auf die zweite Rekonstruktion des Idsteiner Schlossgartens hin. „Ich könnte noch viele weitere Beiträge benennen, doch will ich Sie selbst auf Entdeckungsreise durch das Jahrbuch 2017 gehen lassen“, berichtete Claudia Niemann als Mitglied der Redaktionskonferenz.

Zudem versteht sich das Jahrbuch als eine Chronik des Landkreises und der 17 Kommunen, wie sie in dieser geballten Form sonst nicht mehr vorzufinden ist. Albers: „Wer die Jahrbücher der vergangenen Jahrzehnte besitzt, hat ein wichtiges und wertvolles Nachschlagewerk zur Geschichte und zu den Geschehnissen in unserer Region schnell zur Hand. Ein Griff und man kann nachlesen, was wo und wann geschah.“

„Darin liegt die Bedeutung des Jahrbuches, für dessen Erscheinen sich die Redaktionskonferenz stark macht“, so Claudia Niemann. Gemeinsam mit den Autorinnen und Autoren stimmt die Konferenz die Themen der Beiträge ab, berät und hilft, damit die Artikel lesenswert sind. Es ist eine umfangreiche Arbeit, die bis zur Präsentation des Jahrbuches geleistet wird. Eine Tatsache, die aber leider allzu oft unterschätzt wird. Abschließend dankte Albers allen Beteiligten, „für ihren unermüdlichen Einsatz im Rahmen der Erstellung des Jahrbuches und an dieser Stelle einmal besonders Claudia Niemann, die sich für die aktuelle Ausgabe weit über das übliche Maß engagiert hat.“ Er hoffe, dass das Buch auch zukünftig die Würdigung erfährt, die es verdient.

Das Jahrbuch mit seinen 320 Seiten ist erhältlich im Buchhandel und bei den Städten und Gemeinden und kostet 8,50 Euro. Herausgeber ist der Kreisausschuss des Rheingau-Taunus-Kreises. Das Inhaltsverzeichnis und ein Suchregister der früheren Jahrgänge finden sich auf den Internetseiten des Landkreises www.rheingau-taunus.de/Kultur&Tourismus/Jahrbuch.

Luther (als Figur) war auch dabei, als Landrat Burkhard Albers, die Mitglieder der Redaktionskonferenz sowie Autorinnen und Autoren das neue Jahrbuch 2017 des Rheingau-Taunus-Kreis im Rittersaal der Pestalozzischule vorstellten.