Der Jugendarrest als letzter Warnschuss

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Jugendhilfe, Jugendförderung

Praktikertreffen in der Kreisverwaltung des Rheingau-Taunus-Kreises / Jugendhilfe im Strafverfahren



Wie gelingt es, Jugendliche davor zu bewahren, erneut straffällig zu werden? Welche eingeleiteten Maßnahmen z

Praktikertreffen in der Kreisverwaltung des Rheingau-Taunus-Kreises / Jugendhilfe im Strafverfahren

Wie gelingt es, Jugendliche davor zu bewahren, erneut straffällig zu werden? Welche eingeleiteten Maßnahmen zeigen Erfolg? Antworten auf diese Fragen gab es beim neunten Praktikertreffen, das die Jugendgerichtshilfe des Fachdienstes Jugendhilfe der Kreisverwaltung des Rheingau-Taunus-Kreises organisierte. Vertreter der Jugendgerichte, der Staatsanwaltschaft, der Polizei, der Bewährungshilfe, der Suchtberatung, der pädagogischen Jugendhilfeträger und der Jugendgerichtshilfe informierten sich über die aktuelle Entwicklung der Jugenddelinquenz im Kreisgebiet und tauschten Erfahrungen aus. Die bereits bestehende gute Zusammenarbeit konnte weiter vertieft werden.

Fachbereichsleiterin Daniela Leß verdeutlichte, dass "eine gute Vernetzung der einzelnen Fachkräfte für die Jugendlichen und Heranwachsenden die Grundlage einer optimalen Förderung bietet". Sie lobte das starke Interesse an dem Praktikertreffen, "das sich als optimale Plattform für einen fachlichen Meinungsaustausch etabliert hat".

Jörg Engelbach, Jugendhilfeplaner des Rheingau-Taunus-Kreises, stellte die Statistik der Jugendgerichtshilfe für das Jahr 2012 vor. Die Anzahl der Straftaten, begangen durch Jugendliche oder Heranwachsende, ist leicht ansteigend. Gleiches gilt für die Anzahl der mehrfach strafauffälligen Jugendlichen und Heranwachsenden. Hervorzuheben ist jedoch, dass die Anzahl der Körperverletzungsdelikte weiter zurück geht. "Weitere Deliktschwerpunkte sind die Diebstahls-, Verkehrs- und Sachbeschädigungsdelikte", so Engelbach. Die Justiz reagiere darauf: Die Verhängung von freiheitsentziehenden Maßnahmen (Jugendarrest und Jugendstrafe) nahm leicht zu. Die Anzahl der eingeleiteten Jugendhilfemaßnahmen ist gleich geblieben.

Als Referenten konnten Petra Clemen vom Zentrum der Jugend- und Suchthilfe des Rheingau-Taunus-Kreises, Gerhard Tuschhoff, Psychologe in der Arrestanstalt Gelnhausen, und Frank Römhild von dem Verein Kinder- und Jugendhilfe Frankfurt gewonnen werden. Petra Clemen berichtete über "durch Suchtmittel verursachte Störungen in den Entwicklungsphasen von jungen Menschen" und schilderte anschaulich, was in dem Abschnitt des Erwachsenwerdens durch Alkohol- und Drogenkonsum zusätzlich geschehen kann. Die Referentin: "Eine dauerhafte Suchtabhängigkeit ist ebenso möglich wie das Auftreten von psychische Symptome, welche sich auch zu einer psychischen Störung entwickeln können -nicht müssen-." Es wurde deutlich, dass die Adoleszenzphase durch Suchtmittelkonsum erheblich gestört werden kann und dass in diesem Bereich präventive Arbeit weiter gefördert werden muss.

Als nächstes berichtete Gerhard Tuschhoff aus dem Alltag der Jugendarrestanstalt Gelnhausen. Diese Arrestanstalt ist die Einzige in Hessen und nimmt sowohl weibliche als auch männliche Arrestanten auf. Der Jugendarrest kann von einem Wochenende bis hin zu vier Wochen dauern, er kann auch in Verbindung mit einer Jugendstrafe, welche zur Bewährung ausgesetzt ist, "als Warnschussarrest verhängt werden". "Grenzen erfahren - Erkenntnisse gewinnen", das sollen die jungen Menschen in der Jugendarrestanstalt Gelnhausen erleben.

Hauptziele sind die Delinquenzabwendung, Förderung der Eigenverantwortlichkeit, die Auseinandersetzung mit den Taten, sowie Grenzen zu spüren. Die Jugendlichen und Heranwachsenden erfahren dort einen streng strukturierten Tagesablauf; geweckt wird um 6.15 Uhr und ab 22.00 Uhr ist Nachtruhe. Gerhard Tuschhoff schilderte, dass die "Arrestanten/innen" in der Regel die Angebote annehmen. Es kristallisieren sich laut seinen Erkenntnissen drei hauptsächliche Problembereiche bei den jungen Menschen heraus: Konflikte in der Herkunftsfamilie, Drogen- und Alkoholmissbrauch und psychische Vorgeschichten. Es wurde deutlich, dass hier ein Handlungsbedarf im präventiven Bereich besteht.

Frank Römhild berichtete von seinen Erfahrungen mit den Jugendlichen und Heranwachsenden durch die Anti-Gewalt-Seminare für Ersttäter, die vom Verein Kinder- und Jugendhilfe im Kreis durchgeführt werden. Die Teilnahme an dem Wochenendseminar wird oft von den Gerichten oder der Staatsanwaltschaft als Weisung auferlegt. 70 Prozent der jungen Menschen folgen der Weisung, die Übrigen erfahren weitere Konsequenzen durch die Justiz. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer ist 18 Jahre alt und die Mehrheit besucht die Schule oder eine berufliche Maßnahme.

In dem Seminar werden die Teilnehmer mit ihren Taten und mit der Opferrolle konfrontiert und Gewalt an sich wird thematisiert. Für Mehrfachtäter wird das Anti-Aggressionstraining angeboten, welches sich intensiver über einen längeren Zeitraum mit der Thematik beschäftigt.

Bei allen auf dem Praktikertreffen vorgetragenen Themen entstand durch die Nachfragen der unterschiedlichen Berufsgruppen ein reger Austausch. Ewald Pätzold, Fachdienstleiter der Jugendhilfe des Rheingau-Taunus-Kreises, bedankte sich abschließend für das große Interesse an dem Treffen und wies daraufhin, dass im Jahr 2014 das 10. Praktikertreffen stattfinden wird, es sich also um ein kleines Jubiläum handeln wird.