Barrierefreie Haltestellen sorgen für reibungslosen Einstieg in den Bus

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Verkehr (allgemein)

Gelungener Auftakt der neuen Veranstaltungsreihe „Inklusives Monatsgespräch“ / Welche Kriterien zeichnen eine barrierearme Haltestelle idealerweise aus?

Gelungener Auftakt der neuen Veranstaltungsreihe „Inklusives Monatsgespräch“ / Welche Kriterien zeichnen eine barrierearme Haltestelle idealerweise aus?

Der Bordstein an der Bushaltestelle in der Langgasse in Hohenstein-Breithardt ist erhöht, die Zugänge sind leicht abgeflacht. Der Gehweg wurde verbreitert, so dass Rollstuhlfahrer, ältere Menschen mit Rollator oder auch Mütter und Väter mit Kinderwagen sich drehen können. Die farblich abgesetzten, im Boden eingefügte Betonplatten dienen dabei als Orientierungshilfe und Leitsysteme für blinde und sehbehinderte Personen, um problemlos den Einstieg in einen Bus zu findet. Der kommt pünktlich um die Straßenecke, so dass Günter Soukup in seinem Rollstuhl einen perfekten Zugang in den Bus demonstrieren kann. Der stoppt fast schon zentimetergenau an den Markierungen. Der Fahrer und ein Fahrgast klappen die Rampe heraus und so kann Soukup direkt vom erhöhten Gehweg in den Omnibus rollen: „Der Zugang hier ist optimal. Aber natürlich sind – trotz dieser Hilfsmittel – Rollstuhlfahrer auch auf die Unterstützung von Fremden angewiesen. Das klappt aber in den meisten Fällen bestens.“

So preist Günter Soukup die Haltestelle in Breithardt „als Paradebeispiel für eine ideale, weil barrierearme Version an, die Menschen mit Beeinträchtigung die Nutzung des ÖPNV deutlich erleichtert“; auch wenn es vor Ort eine kurze Debatte gab, ob die Führungsrillen auf dem Gehweg der Station für blinde Menschen „wirklich richtig angeordnet sind“. Soukup verspricht, es nachprüfen zu lassen. „Barrierearme Haltestellen sind jedoch nur im Gesamtpaket mit der angepassten Technik, etwa dem Einsatz von Niederflurbussen oder der Absenktechnik der Busse, zu sehen“, ergänzt Anita Seidel.

Landrat Frank Kilian und die Behindertenbeauftragten des Rheingau-Taunus-Kreises, Anita Seidel und Günter Soukup, hatten zur Auftaktveranstaltung der neuen Reihe „Inklusives Monatsgespräch“ an die Haltestelle in Breithardt eingeladen. „Mit der Reihe wollen wir auf positive, nachahmenswerte Beispiele hinweisen, die Menschen mit Beeinträchtigungen das Alltagsleben erleichtern“, so Landrat Kilian. „Wir wollen Anregungen geben, sind selbstverständlich aber auch für Verbesserungsvorschläge offen“, sagt Soukup. So will das Duo nicht mit dem erhobenen Zeigefinger durch den Kreis laufen, sondern vielmehr „auf die positiven Beispiele gelungener Inklusionsarbeit verweisen und zur Nachahmung empfehlen“.

„Es geht darum, ein Bewusstsein in der Öffentlichkeit für die leider immer noch vorhandenen Barrieren und Hindernisse im Alltag zu schaffen, die Menschen mit einer Beeinträchtigung in vielen Fällen eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben stark einschränken“, so Anita Seidel, die auch daran erinnert, dass es noch nicht vor allzu langer Zeit noch Busse mit Stufen im Ein- und Ausstiegsbereich gab.

Wie eine barrierearme Haltestelle aussehen sollte, dafür ist die in der Langgasse 78 in Breithardt ein Paradebeispiel. Letztlich können dies aber nicht alle Haltestellen im Bundesgebiet von sich behaupten. Denn eigentlich sollen seit 1. Januar 2022 – laut dem novellierten Personenbeförderungsgesetz – an allen Haltestellen für Busse und Bahnen in Deutschland Barrierefreiheit oder doch wenigstens Barrierearmut herrschen. Es gibt jedoch noch einen erheblichen Nachholbedarf bundesweit, wie Kenner der Situation in den vergangenen Wochen berichteten.

„Rund 22 Prozent (186) der insgesamt 846 Haltestellen im Kreisgebiet sind behindertengerecht ausgebaut. Weitere 250 stehen unmittelbar vor der Fertigstellung“, erläutert der zuständige ÖPNV-Dezernent des Kreises, Günter F. Döring und betont: „Kreis wie RTV sind dabei die Kommunen, die für den Umbau zuständig sind, zu motivieren.“ Wobei der Dezernent aber gleich einschränkt: „In unserer ländlich geprägten Region gibt es Haltestationen, die außerhalb der Wohnbebauung – auf freier Strecke – liegen und deshalb nur unter sehr erschwerten Bedingungen barrierefrei ausgebaut werden können.“

Die Motivationshilfe unterlegt der Geschäftsführer der Rheingau-Taunus-Verkehrsgesellschaft (RTV), Thomas Brunke mit Zahlen. Etwa 30.000 Euro kostet der Umbau einer Haltestelle. Werden gleich mehrere Stationen zusammen barrierearm ausgebaut und die Investitionssumme übersteigt den Wert 100.000 Euro „stehen erhebliche Fördermittel zur Verfügung“. Der ÖPNV-Dezernent: „Wer klug handelt, plant gleich mehrere Maßnahmen zeitgleich.“

Abschließend sahen Landrat Kilian, Anita Seidel und Günter Soukup, die seit Januar als Behinderten-Beauftragten für den Kreis tätig sind, den Start der „Inklusiven Monatsgespräche“ als gelungen an. „Wir wollen Ansprechpartner für Menschen mit Beeinträchtigungen sein und für sie als Sprachrohr dienen“, so Anita Seidel. Deshalb sind Gespräch mit den Bürgermeistern im Kreis vorgesehen. In der Kreisverwaltung sind Anita Seidel und Günter Soukup über die Mailadressen: anita.seidel@rheingau-taunus.de und guenter.soukup@rheingau-taunus.de erreichbar „Wir freuen uns über jede Anregung und über Hinweise auf Projekte und Themen bezüglich Inklusion und Teilhabe“, so Soukup. Das nächste „Inklusive Monatsgespräch“ ist für Donnerstag, 21. April 2022, auf dem Campus Freistil in Rüdesheim am Rhein terminiert.

Foto: Kreisverwaltung

Bustechnik und die barrierefreie Haltestelle machen den Einstieg von Günter Soukup im Rollstuhl in den Omnibus leichter.