„Ausbildungsziel: Generalistik - Nach der Ausbildung sollen die Schüler ein Alles­könner sein“

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Soziales

Informations­veranstaltung von Sozialministerium, RP und Kreisver­waltung zum Pflegeberufe­reformgesetz / Ab dem 1. Januar 2020 gültig / Veränderungen in der Ausbildung

Informationsveranstaltung von Sozialministerium, RP und Kreisverwaltung zum Pflegeberufereformgesetz / Ab dem 1. Januar 2020 gültig / Veränderungen in der Ausbildung

In einer maßgeblichen Bewertung stimmten Nicole Benthien vom Hessischen Sozialministerium und der Kreisbeigeordnete Dr. Herbert Koch überein: Es gibt in Deutschland einen Pflegenotstand und der Bedarf an Pflegekräften steigt weiter stetig an. Um nicht sehenden Auges in eine dann vielleicht sogar schon schier unlösbare Situation zu schlittern, hat der Bundesgesetzgeber in Berlin reagiert und ab 1. Januar 2020 das Pflegeberufereformgesetz auf den Weg gebracht. Was sich hinter dem Titel des neuen Gesetzes verbirgt, wie beispielsweise das „Spinnen“ von notwendigen Netzwerken und Verbünden sowie - vor allem - die Finanzierung der Ausbildung geplant ist, darüber wurden Vertreter der Pflegedienste, der Pflegeschulen, von Krankenhäusern, Alters- und Seniorenheimen und weiteren Einrichtungen in einer Veranstaltung des Ministeriums, des RP Gießen sowie des Fachdienstes Soziales - Altenhilfeplanung der Kreisverwaltung umfassend informiert.

Dass das Gesetz „bereits ab dem 1. Januar 2020 - also in knapp sechs Monaten - angewendet werden muss, ist vielen der in der Pflegeausbildung tätigen Einrichtungen - und dabei vor allem auch den vielen kleineren ambulanten Pflegediensten - gar nicht so bewusst“, betont eine Expertin. Beginnend mit dem Zeitpunkt gibt es keine separaten Ausbildungen in der Kinderkrankenpflege, der allgemeinen Gesundheits-Krankenpflege und natürlich in der Altenpflege mehr. Referent Norbert Mauer vom Bundesamt für Familie und zivilrechtliche Aufgaben in Berlin erläutert die Intention: „Das neue Pflegeberufereformgesetz sieht stattdessen eine generalistische Ausbildung zur Pflege von Menschen aller Altersstufen in allen Versorgungsbereichen zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann vor.“

Dabei soll die schulische und praktische Ausbildung „der Vermittlung von Kompetenzen für die selbstständige und prozessorientierte Pflege von Menschen dienen. Das heißt im Fachjargon laut Mauer: „Ausbildungsziel: Generalistik - Nach der Ausbildung sollen die einstigen Schüler somit ein Alleskönner sein.“

Ihren Ausbildungsvertrag schließt die Bewerberin, der Bewerber beispielsweise mit einem Pflegedienst oder einem Krankenhausträger wie bisher. Anschließend beginnen die Neuerungen. „Alle Auszubildenden erhalten zwei Jahre lang eine gemeinsame, somit generalistisch ausgerichtete Ausbildung, in der sie einen Vertiefungsbereich in der praktischen Ausbildung wählen“, berichtet Nicole Benthien vom Ministerium. Auszubildende, die im dritten Lehrjahr die generalistische Ausbildung fortsetzen, erwerben damit den Berufsabschluss „Pflegefachfrau“ bzw. „Pflegefachmann“. Jene Auszubildende, die ihren Schwerpunkt in der Pflege alter Menschen oder der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sehen, können nach dem zweiten Jahr wählen, ob sie – statt die generalistische Ausbildung fortzusetzen – einen gesonderten Abschluss in der Altenpflege oder Gesundheits- und Kinderkrankenpflege erwerben wollen. „Neu ist auch: Ergänzend zur beruflichen Pflegeausbildung wird ein Pflegestudium eingeführt“, so Norbert Mauer.

Große Herausforderung des neuen Gesetzes ist laut Aussage von Nicole Benthin und Norbert Mauer, dass „es in der Pflegeausbildung künftige mehrere Lern- beziehungsweise Praxisorte geben werde“. Mauer: „Neben der Pflegeschule und der für die Ausbildung maßgeblichen Pflegeeinrichtung hat die Kooperation mit anderen Praxiseinrichtungen künftig einen hohen Stellenwert.“ Deshalb müssten Verbünde und / oder Netzwerke in einer Region geknüpft werden. Diese Kooperationen sollten so schnell wie möglich im Kreis entstehen.

Von dem Gesetz versprechen sich die Experten eine zusätzliche Qualitätsverbesserung; etwa durch die Modernisierung der Ausbildungsinhalte, durch eine bessere Ausstattung der Pflegeschulen und mehr Praxisanleitung im Betrieb. Mit der erstmaligen Regelung von Vorbehaltsaufgaben, die aufgrund der dafür benötigten Qualifikation nur von Pflegefachkräften wahrgenommen werden dürfen, wird die Pflege als eigenständiger Berufsbereich aufgewertet. Die Reform ist daher auch ein wichtiger Schritt zu mehr Anerkennung und Wertschätzung der Pflegekräfte in Deutschland. Dies bedeutet letztlich: „Mit guten Beschäftigungsbedingungen lassen sich Pflegekräfte in ihrem Beruf halten und - dringend benötigt - neue hinzugewinnen. Denn zufriedene Fachkräfte machen die beste Werbung für ihren Beruf.“