Geflüchtete im RTK: Dezentrale Unterbringung durch Städte und Gemeinden
Flüchtlinge
Bislang hat der Landkreis allein für die Unterbringung zugewiesener Menschen gesorgt / Neue Vereinbarung auf Basis des Hessischen Landesaufnahmegesetz überträgt die Verantwortung auf die Städte und Gemeinden, sollten die neu aufgebauten Kapazitäten beim Landkreis erschöpft sein / Sicherstellung möglichst fairer und dezentraler Verteilung von geflüchteten Menschen im Kreis / Aktuell insgesamt rund 3000 Plätze, davon sind 469 im Landkreis noch frei
In einem Austausch haben sich die Bürgermeister der kreisangehörigen Kommunen mit dem Landrat des Rheingau-Taunus-Kreises darauf verständigt, zugewiesene geflüchtete Menschen, die über die neu geschaffenen Kapazitäten des Landkreises hinausgehen, an die Kommunen zur dezentralen Unterbringung zu verweisen. Der Landkreis hat bislang die Pflichtaufgabe der Unterbringung übernommen, ohne auf die rechtlich mögliche Delegation an die Städte und Gemeinden zurückzugreifen – viele andere hessische Landkreise nutzen seit langem bereits diese Möglichkeit der formalen Weiterverteilung.
Um dieser Aufgabe nachzukommen, hat der RTK die Zahl der vom Kreis betriebenen Gemeinschaftsunterkünfte seit dem Frühjahr 2022 von neun Unterkünften auf derzeit 64 aufgestockt. Vier weitere große Unterkünfte sind im Aufbau und werden in den kommenden Monaten in Betrieb gehen. Rund 2.400 Geflüchtete leben momentan in Gemeinschaftsunterkünften im RTK, es stehen aktuell noch fast 1.000 freie Plätze zur Verfügung (die noch nicht fertiggestellten Unterkünfte eingerechnet). Die Zuweisungsquote des Landes Hessen für das vierte Quartal ist noch nicht bekannt – bleibt die Zahl der Menschen, die dem Rheingau-Taunus-Kreis zugewiesen werden, relativ konstant, reichen die aufgebauten Plätze rein rechnerisch bis etwa Ende 2025 – Auszüge aus den Unterkünften nicht eingerechnet.
Unterdeckung lag 2023 bei 9,5 Millionen Euro
„Aktuell haben einige Kommunen durch Gemeinschaftsunterkünfte eine sehr hohe Zahl von Geflüchteten in Relation zu den Gesamteinwohnern, was damit auch eine überproportionale Belastung der Strukturen wie Kitaversorgung, in den Schulen oder der Begleitung durch Ehrenamtliche vor Ort bedeutet. Hier wollen wir gemeinsam eine fairere Verteilung und damit auch bessere Versorgung und Integration der Menschen erreichen“, so Landrat Sandro Zehner.
Der Landkreis selbst verfügt über keine weiteren Flächen oder verfügbaren Gebäude und ist bei der Unterbringung ohnehin auf die Städte und Gemeinden angewiesen. Da die Pro-Kopf-Pauschale, die der Bund über das Land an die kommunale Ebene für die Unterbringung Geflüchteter zur Verfügung stellt, nicht kostendeckend ist, bleibt dem Landkreis auch bei den Kosten lediglich der Rückgriff auf die Kreisumlage. Im Haushaltsplan 2023 wurde die Unterdeckung durch Bundes- bzw. Landesmittel für die Unterbringung Geflüchteter beim Rheingau-Taunus-Kreis mit 9,5 Millionen Euro angesetzt.
Die Verteilung der unterzubringenden Geflüchteten ist in der Vereinbarung zwischen dem RTK und den Kommunen geregelt und richtet sich nach dem Einwohnerschlüssel. Sollten die Kapazitäten der angemieteten Unterkünfte des Landkreises erschöpft sein, erfolgt die Weiterverteilung Geflüchteter zunächst an die Städte und Gemeinden, die gemessen an der Zahl der Einwohner bislang eine unterdurchschnittlich geringe Zahl an Plätzen in Gemeinschaftsunterkünften aufweisen. Der Landkreis würde in diesem Fall auch die vom Land für die Unterbringung zur Verfügung gestellten Mittel an die entsprechende Kommune weiterleiten.
Lösungen auf der Bundesebene gefordert
„Die jetzt verfügbaren Unterkünfte halten ein großes Platzangebot bereit – noch mehr aufzubauen und vorzuhalten, würde die Kreisfinanzen und damit auch die Kommunen über das Mögliche belasten“, erläutert Landrat Sandro Zehner. „Wir sitzen als Landkreis bei der Frage der Unterbringung und den Kosten ohnehin in einem Boot mit den Kommunen. Die Menschen leben in den Städten und Gemeinden und bringen dort ihre Kinder in den Kindergarten. Wir haben und werden als Landkreis die Unterbringung Geflüchteter so lange wie möglich zentral übernehmen. Sollten die Zahlen wieder massiv steigen, können wir durch die Regelung die erneute Errichtung von Notunterkünften in Sporthallen verhindern. Ich hoffe dennoch sehr, dass es nicht so weit kommt und die Bundesregierungen endlich Lösungen finden, statt die Probleme von Unterbringung, Versorgung und Integration – inklusive aller Folgekosten – einfach auf die kommunale Ebene und die Sozialgemeinschaften vor Ort zu delegieren. Das schadet dem Staatsvertrauen vor Ort und zermürbt das ehrenamtliche Engagement vor Ort.“
Ob der Rheingau-Taunus-Kreis die Unterbringung in den kreisangehörigen Kommunen in Zukunft in Anspruch nehmen muss oder nicht, ist stark von den Zuweisungen durch das Land Hessen abhängig. Hierzu bekommt der Landkreis eine Quartalsprognose vom Regierungspräsidium Darmstadt. Der Rheingau-Taunus-Kreis verpflichtet sich, zu Beginn eines jeden Quartals den Städten und Gemeinden eine Übersicht über die freien Plätze und die für das jeweilige Quartal prognostizierten Zugänge zu geben. Sollte sich anhand dieser Zahlen zeigen, dass eine Weiterverteilung an die Kommunen nötig sein wird, erfolgt diese allerdings erst ab dem darauffolgenden Quartal. So verbleibt den Städten und Gemeinden ein Zeitraum von drei Monaten für die Bereitstellung der Unterkünfte.